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Hatun Sürücü: Die unvergessene Tat

Im Gedenken an die junge Frau, Mutter von Can, dem Sohn, der in einer Pflegefamilie lebt, versammelten sich gestern in der Oberlandstraße am fünften Jahrestag des Verbrechens Politiker, Freunde, Vertreter des Türkischen Bundes und von Terre des Femmes.

Von Sabine Beikler

Kränze mit Trauerschleifen und gelben, weißen, roten oder rosa Blumen liegen rund um den Gedenkstein genau an der Stelle, an der am 7. Februar 2005 Hatun Sürücü von ihrem jüngsten Bruder wegen ihres westlichen Lebensstils erschossen wurde. Es wird am Sonntagvormittag unter den 50 Zuhörern still, als der Tempelhof-Schöneberger Bezirksbürgermeister Ekkehard Band (SPD) diese Worte spricht: „Heute wäre sie 28 Jahre alt. Sie würde ihrem Beruf als Elektroinstallateurin nachgehen, ihren Sohn von der Grundschule abholen, vielleicht einen neuen Partner und ein weiteres Kind haben. All das wird nie sein. Hatun Sürücü hat ihre Lebenswünsche nicht überlebt.“

Im Gedenken an die junge Frau, Mutter von Can, dem Sohn, der in einer Pflegefamilie lebt, versammelten sich gestern in der Oberlandstraße am fünften Jahrestag des Verbrechens Politiker, Freunde, Vertreter des Türkischen Bundes und von Terre des Femmes. Seit diesem Mord seien viele Initiativen entstanden, um Frauen zu schützen, sagte Ekkehard Band. Auch in den Migranten-Communities werde mittlerweile eine breite Debatte über die Rolle der Frauen in der Gesellschaft geführt, waren sich Band und die Vorstandsvorsitzende von Terre des Femmes, die frühere Bundestagsabgeordnete Irmingard Schewe-Gerigk (Grüne) einig. Der Verein „Hatun und Can“ sowie der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde Deutschlands, Kenan Kolat, fordern, wie berichtet, die Benennung einer Straße nach Hatun Sürücü. Das stößt beim Bezirksbürgermeister auf Zustimmung. „Ich finde es auch gut, wenn man eine Straße nach Hatun Sürücü benennt. Das müssen wir in der Bezirksverordnetenversammlung intensiv erörtern“, sagte Ekkehard Band.

„Man darf die Tat nicht vergessen. Hatun Sürücü steht für Frauen, die unterdrückt wurden und sich dagegen gewehrt haben. Eine Straßenbenennung hat unsere Zustimmung“, sagten die SPD-Bundestagsabgeordnete Mechthild Rawert und Dilek Kolat, SPD-Kreisvorsitzende in Tempelhof-Schöneberg und stellvertretende Fraktionschefin im Abgeordnetenhaus.

„Auch die Grünen im Bezirk sind für eine Straßenbenennung nach Hatun Sürücü. Es muss an Menschen, die für ein Fanal an alle Menschen stehen, erinnert werden“, sagte die Grünen-Frauenpolitikerin im Abgeordnetenhaus, Anja Kofbinger.

Für die Benennung neuer oder die Umbenennung bereits bestehender Straßen sind die Bezirke zuständig. Wenn sich der Todestag eines Menschen wie im Fall von Hatun Sürücü das fünfte Mal jährt, können laut Berliner Straßengesetz Straßen nach dieser Person benannt werden. Eine solche Benennung solle aber nicht ohne Einbindung der Bürger erfolgen, sagte Almuth Nehring-Venus, Staatssekretärin in der Senatsverwaltung für Wirtschaft und Frauen.

Wie Nehring-Venus sagte auch der Integrationsbeuaftragte Günter Piening, man solle überlegen, wo genau diese Straßenbenennung nach Hatun Sürücü Sinn mache. „Der Ort sollte einen inhaltlichen Kontext zum Thema haben“, sagte Piening. Ob es eine Hatun-Sürücü-Straße in Tempelhof-Schöneberg oder in einem anderen Berliner Bezirk geben solle, müsse man stadtweit diskutieren. Sabine Beikler

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