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Berlin: Hauptstadtklausel gegen sechs Ministerien

Alle Berliner Parteien sind gegen eine Zementierung des Regierungsstandorts Bonn. Wowereit sieht keinen Grund zur Aufregung

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Das geht den Berlinern gegen den Strich. Die Hauptstadtklausel soll nur dann ins Grundgesetz kommen, wenn gleichzeitig festgelegt wird, dass Bonn „auf ewig“ Standort von sechs Bundesministerien bleibt. Alle fünf Parlamentsparteien in Berlin protestierten gestern heftig gegen den Versuch Nordrhein-Westfalens, diesen politischen Handel in einem verbindlichen Begleittext zur Föderalismusreform festzuschreiben. Nur der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) „versteht die Aufregung nicht“.

An dem Status Bonns als Bundesstadt und an der versprochenen Kulturförderung will auch an der Spree niemand rütteln. „Aber es wäre absurd, den Standort von Bundesministerien zu zementieren“, sagte gestern der Grünen-Fraktionschef Volker Ratzmann. Die Aufteilung der Behörden auf zwei Städte sei ineffektiv und extrem teuer. Zwar wäre eine Protokollnotiz zugunsten Bonns nicht verfassungsrechtlich bindend, „aber doch eine hohe politisch-moralische Hürde“.

Ratzmann plädierte für eine „offene und ehrliche Diskussion“ mit Nordrhein-Westfalen und warnte den Regierungschef Wowereit davor, sich auf „einen Deal“ einzulassen. Der Preis sei zu hoch. Dieser Meinung ist auch der FDP-Landeschef und Bundestagsabgeordnete Markus Löning. Der Versuch, die Hauptstadtklausel mit den Ministerien in Bonn zu verrechnen, wäre für Berlin „ein ganz schlechtes Geschäft“. Bonn gehe es, als Standort vieler Bundesbehörden, Großunternehmen und UN-Einrichtungen, besser als je zuvor.

Auch der CDU-Fraktionschef Nicolas Zimmer hält die sechs Bundesministerien in der ehemaligen Bundeshauptstadt für eine Verschwendung von Steuergeldern. Diese unsinnige Regelung jetzt auch noch im Rahmen der Föderalismusreform rechtlich verankern zu wollen, sei verantwortungslos. Der Umzug aller Ministerien nach Berlin habe nichts mit Zentralismus zu tun, sondern sei eine Anpassung an die gesamtdeutsche Wirklichkeit. Da trifft sich Zimmer, was nicht oft vorkommt, mit dem Fraktionschef der Linkspartei, Stefan Liebich. Offenbar mangele es der Bundesregierung an Entschlossenheit, sich eindeutig zu Berlin als deutscher Hauptstadt zu bekennen, erklärte Liebich. Es drohe eine dauerhafte Finanzierung von Doppelstrukturen zu Lasten der Steuerzahler. Auch die Linkspartei fordert einen kompletten Umzug aller Bundesministerien nach Berlin – und eine entsprechende Änderung des Bonn-Berlin-Gesetzes von 1994.

Dieses Gesetz, das im zähen Ringen um die Hauptstadtwerdung Berlins entstand, schreibt eine „dauerhafte und faire Arbeitsteilung“ zwischen der Hauptstadt und der Bundesstadt Bonn vor. Im Zuge dieses Gesetzes blieben sechs Ministerien am Rhein, die übrigen Ministerien sind mit einer Dependance vertreten. Diesen Zustand auf ewig festzuschreiben sei falsch, schloss sich der Berliner SPD-Chef Michael Müller der Kritik an.

Sein Parteifreund Wowereit sieht die Dinge offenbar gelassener. Er verweist darauf, dass er dem Abgeordnetenhaus schon im Dezember 2004 mitgeteilt habe, dass es zur Hauptstadtklausel einen Begleittext zugunsten Bonns geben wird. „Dies ist eine Voraussetzung dafür, dass wir unsere Verfassungsänderung durchbekommen“, sagte er – und es regte sich damals im Landesparlament kein Widerspruch.

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