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Fordert einen "positiven Patriotismus": Horst Seehofer (CSU).

© dpa

Hauptstadtrede: Seehofer: Toleranz nicht mit Anbiederung verwechseln

Einmal im Jahr darf ein Ministerpräsident auf Einladung der Stiftung Zukunft eine Hauptstadtrede in Berlin halten. Diesmal war Horst Seehofer an der Reihe - und redete über die "Illusion Multi-Kulti".

Von Sabine Beikler

Am Mittwochabend kam der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer ein bisschen zu spät zur Eröffnung des bayerischen Oktoberfestes. Er stand im Stau, hieß es im Festzelt auf dem Alexanderplatz. Einen Tag später aber erschien er überpünktlich zu seiner Hauptstadtrede in der bayerischen Landesvertretung. So hatte er Zeit, sich mit seinem CSU-Parteifreund und Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer freundlich lächelnd für ein Foto zu positionieren und einen christdemokratischen Weggefährten aus Berlin zu begrüßen: Der frühere Regierende Bürgermeister von Berlin, Eberhard Diepgen, war unter den 250 Gästen, die zu der von der Stiftung Zukunft Berlin organisierte Reihe "Hauptstadtreden" kamen. Seehofer war der 13. Ministerpräsident, der sich über die Hauptstadt äußerte. Der Ingolstädter CSU-Politiker sprach von Werten, Bildung, Integration und Finanzen.

So ein Bekenntnis aber muss ein bayerischer Ministerpräsident schon qua Amt äußern: „Bayern ist ein Fünf-Sterne-Land. Die Stärke sind seine Menschen“, sagte Seehofer. Und natürlich: Auch Bayern hat seine Erfahrungen mit der deutsch-deutschen Grenze. Das "kleine Berlin" hieß in Bayern Mödlareuth, ein Dorf zwischen Thüringen und Bayern, das 41 Jahre lang geteilt war. Berlin sei jetzt die Hauptstadt aller Deutschen. Und in einer richtigen Seehofer-Rede darf einer nicht fehlen: der Name Franz Josef Strauß. Den führte er als einen der Vorkämpfer der deutschen Einheit ein und zitierte ihn: "Notfalls werden wir Bayern die letzten Preußen sein." Seehofer verehrt Strauß, er hat sich dessen Diktion angewöhnt, verzichtet aber auf die langen Schachtelsätze. Und wer ihn genau beobachtet, könnte schon fast eine ähnliche Körperhaltung zwischen den beiden erkennen.

Seehofer ging auf die christlichen Werte ein. „Die grundlegenden Prinzipien, die unser Land zusammenhalten, lassen sich alle von unseren christlich-abendländischen Wurzeln, vom christlichen Menschenbild ableiten“, sagte Seehofer. Die Entscheidung in Berlin, den verpflichtenden Ethikunterricht statt Religionsunterricht einzuführen, sei kontraproduktiv. „Toleranz darf nicht mit Anbiederung verwechselt werden.“ Der islamische Religionsunterricht dürfe nur in deutscher Sprache und nach staatlich genehmigten Lehrplänen durchgeführt werden. Es seien sowohl Lehrerinnen mit Kopftüchern als auch muslimische Feiertage abzulehnen.

Schnell schlug Seehofer den Bogen zur Bildungspolitik. Laut Studien würden die bayerischen Schüler den ersten Platz einnehmen. „Des tut mir Leid“, fügte er schmunzelnd hinzu. Und schlug Berlin den „bayerischen Weg“, wie er sagte, vor: „Individuelle Förderung statt Einheitsschule, keine Nivellierung des Leistungsanspruchs.“ Das Beispiel Hamburg habe gezeigt, dass Eltern auf Qualität Wert legen würden. „Man muss sie nur fragen“, bezog er sich auf den Volksentscheid gegen die sechsjährigen Grundschule.

Auch integrationspolitisch sind die Bayern laut Seehofer den Berlinern voraus. „Ohne Deutsch-Kenntnisse wird in Bayern kein Kind eingeschult.“ Das habe Rot-Grün vor Jahren noch als „Zwangsgermanisierung“ kritisiert. Immerhin würden Migrantenkinder in Bayern überdurchschnittliche Leistungen zeigen. Die „Illusion Multi-Kulti“ sei gescheitert „Integrationsbemühungen müssen eingefordert werden“, sagte Seehofer. Zur Integration gehörten Rechtsstaatlichkeit statt Selbstjustiz, Toleranz , Gleichberechtigung von Mann und Frau und das Respektieren der Kultur. „Wer bei uns leben will, muss auch mit uns leben wollen.“ Berlin gebe er die Empfehlung: „Ausländer müssen sich integrieren und die Sprache können.“

Dann kam Seehofer zu den Finanzen. Berlin ist zurzeit mit 61 Milliarden Euro hochverschuldet. Bayern sei ja gerne bereit, die Hauptstadtlasten mitzutragen. Aber es sei „schwer erträglich, in Berlin Transferleistungen zu akzeptieren, die wir uns in Bayern nicht leisten können“. Deshalb sei die Schuldenbremse für „solide Finanzen der Länder“ richtig. Er forderte außerdem eine Genrationengerechtigkeit in den sozialen Sicherungssystemen.

Seehofer wäre kein "gestandener Oberbayer", wenn er in seiner Rede nicht wieder auf seine Verbundenheit zu seiner Heimat gekommen wäre. "Wir lieben unser Land, wir sind stolz auf unsere Heimat und wir sind berühmt für unsere Gastfreundschaft", sagte er. Er forderte einen "positiven Patriotismus" ein. Summa summarum würden sich die Bayern in Berlin aber schon „gut aufgehoben fühlen“, sagte Seehofer. Aber nicht einen einzigen Stern hat die Hauptstadt von ihm bekommen.

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