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Berlin: Haushaltssperre adieu: Momper gibt umstrittenen Landesetat frei

Der Weg für den Landeshaushalt 2002/03 ist frei; der Streit, ob der Etatplan verfassungskonform ist, geht weiter. Parlamentspräsident Walter Momper unterzeichnete am Freitag das Haushaltsgesetz, das das Abgeordnetenhaus am 28.

Der Weg für den Landeshaushalt 2002/03 ist frei; der Streit, ob der Etatplan verfassungskonform ist, geht weiter. Parlamentspräsident Walter Momper unterzeichnete am Freitag das Haushaltsgesetz, das das Abgeordnetenhaus am 28. Juni mit den Stimmen der SPD/PDS-Koalition beschlossen hatte. Es tritt mit der Verkündung durch den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit im Gesetz- und Verordnungsblatt in Kraft, wahrscheinlich in der nächsten Woche. CDU, FDP und Grüne hatten schon vor Mompers Entscheidung schweres Geschütz gegen Momper (SPD) aufgefahren. Sie warfen ihm parteipolitischen Amtsmissbrauch und Verletzung seiner Neutralitätspflicht vor. Nun wollen die drei Oppositionsfraktionen Verfassungsklage beim Berliner Verfassungsgerichtshof einreichen. Sie stützen sich auf ein Gutachten, das der Rechtswissenschaftler Michael Kloepfer von der Humboldt-Universität in ihrem Auftrag erstellt hat.

Der Streit dreht sich um das Verfassungsgebot, dass die Höhe von Krediten die Ausgaben für Investitionen nicht übersteigen dürfen, es sei denn „zur Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts“. Dieses Missverhältnis ist im Doppelhaushalt drastisch. Momper sagte zur Begründung seiner Entscheidung, für ihn sei „in keiner Weise offenkundig und zweifelsfrei, dass dieses Gesetz nicht mit der Verfassung in Einklang steht“. Nach herrschender Rechtsauffassung dürfe er die Ausfertigung von Gesetzen nur bei offenkundiger und zweifelsfreier Verfassungswidrigkeit verweigern, nicht aber aus politischen Gründen. Der Präsident habe auch nicht die Kompetenz, in letzter Instanz die Verfassungsmäßigkeit festzustellen. Mit dem Inkrafttreten des Haushaltsgesetzes sei auch der Weg für den Gang zum Verfassungsgericht frei.

Bei seiner materiellen Prüfung hielt er sich an die Aussage des Senats, dass eine „ernsthafte und nachhaltige Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts gegeben“ sei. Auch von Finanzsenator Sarrazin holte er eine Klarstellung ein. Dieser hatte unmittelbar vor der Abstimmung im Parlament den Haushalt „eindeutig rechtswidrig“ genannt. In seinem Brief an Momper bekundete Sarrazin, er habe damit keine Verfassungswidrigkeit ausdrücken wollen.

CDU, Grüne und FDP kreideten Momper an, dass er trotz der verfassungsrechtlichen Zweifel keine dritte Lesung des Haushalts anberaumt hat und das Kloepfer-Gutachten ignoriert habe. Die dritte Lesung von Gesetzen ist in Berlin die Ausnahme und äußerst selten; sie findet nur auf Antrag des Senats oder des Präsidenten statt. Beide verzichteten darauf. Die ungewöhnliche Unterzeichnung des Gesetzes vor der Presse kommentierte der Grünen-Haushaltsexperte Oliver Schruoffeneger mit Hohn: „Auf frischer Tat ertappt und dann noch fotografiert. Was will man mehr.“

Mit der Inkraftsetzung des Etatplans wird die Haushaltssperre aufgehoben. Bisher sind alle Ausgaben gesperrt, zu denen der Senat nicht durch Gesetze, Verträge und zur Aufrechterhaltung der Verwaltung gezwungen ist. Nun können alle im Etat veranschlagten Sach- , Personal- und Investitionsausgaben getätigt werden. Auch Einstellungen und Beförderungen sind wieder möglich. Gru

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