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Berlin: Heiliger Krieg in Neukölln? Terror-Verdächtige werden verhört

Moschee von Islamisten dominiert: Generalbundesanwalt sieht Gefahr von Anschlägen

Von

Von Frank Jansen

und Werner Schmidt

Der Mann mit dem schütteren Vollbart starrt in den Fernseher. Auf dem Bildschirm gestikuliert ein arabischer Prediger mit deutlich längerem Bart. Die Stimme des Geistlichen dröhnt durch die zweite Etage der Neuköllner Al-Nur-Moschee, als müsste ein größeres Publikum beschallt werden. Doch die Gebetsteppiche liegen eingerollt in einer Ecke, ein weiterer Bärtiger steht verloren hinter einer Vitrine mit Früchten und Saftflaschen. Am Tag nach der Razzia von Bundeskriminalamt und Berliner Polizei wegen akuten Terrorverdachts scheint in das Betongebäude des Vereins „Die Islamische Gemeinschaft Berlin“ wieder Normalität eingekehrt zu sein. Dennoch sind Besucher, die nicht zu den Glaubensbrüdern zählen, unerwünscht.

„Gehen Sie bitte“, sagt der Muslim mit dem schütteren Bart, „wir äußern uns nicht.“ Ein älterer Mann, der etwas sagen will, wird auf Arabisch zum Schweigen vergattert. Eines möchte der strenge Islamist aber doch loswerden: Der Ärger mit der Polizei sei unnötig, „das ist alles ein Missverständnis“. Also keine Planung von Anschlägen, keine Kontakte zur palästinensischen Terrororganisation Hamas? Der Mann kneift die Augen zusammen: „Ich äußere mich zu gar nichts.“

Sechs Islamisten hat die Polizei am Donnerstagabend festgenommen, darunter den Imam der Moschee, Salem El-R. und seinen Bruder. Die beiden Libanesen sowie je zwei Tunesier und Marokkaner werden von Generalbundesanwalt Kay Nehm verdächtigt, „im Auftrag des internationalen Netzwerks gewaltbereiter Islamisten in Berlin eine terroristische Vereinigung gegründet zu haben“. Sie hätten arabische Studenten anwerben wollen, um mit ihnen „in naher Zukunft“ Sprengstoffanschläge zu verüben. Offenbar ließ sich die Nähe dieser Zukunft in Stunden messen – Nehm erwähnt Hinweise, die Islamisten hätten zu Beginn des Krieges im Irak einen Anschlag begehen wollen.

Seit Donnerstagabend werden die sechs Islamisten verhört. Am Freitag sagte die Bundesanwaltschaft, einer der Beschuldigten werde dem Ermittlungsrichter am Bundesgerichtshof vorgeführt, damit dieser einen Haftbefehl erlässt. Die übrigen fünf wurden im Laufe des Tages wieder freigelassen, erstmal. „Es bestehen keine Haftgründe, aber weiterhin Tatverdacht“ – die knappe Auskunft hinterlässt Fragen: Können die fünf Islamisten nicht festgehalten werden, weil sie „nur“ über Anschläge redeten, aber noch nicht handelten? Welche Rolle spielte der sechste Mann? Hat der Generalbundesanwalt lieber zu früh zugegriffen, als das Risiko einzugehen, die schon länger beobachteten Terroraktivitäten nicht mehr stoppen zu können?

Die Moschee in dem Industriegebiet an der Haberstraße gilt in Sicherheitskreisen als „Sammelbecken“ von Islamisten aus mehreren Ländern. Auf der Homepage werden Juden als „verflucht“ bezeichnet. Die Nähe zur Hamas und zu der in vielen Ländern agierenden Muslimbruderschaft ist seit langem bekannt. Unklar bleibt allerdings, woher die „Islamische Gemeinschaft Berlin“ das Geld zum Unterhalt der Al-Nur-Moschee (samt Fitnessstudio im vierten Stock) bezieht. Auch die Herkunft der 2,375 Millionen D-Mark ist nebulös, mit denen die Brüder El-R. und ein Saudi die frühere Fensterfabrik im Sommer 2001 erworben haben. Die Bärtigen in der Moschee sagen dazu nichts.

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