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Berlin: Heimliche Stars

Von Christian van Lessen Du bleibst wieder stehen, weil viele stehen geblieben sind. Hier stehen stets Leute und warten.

Von Christian van Lessen

Du bleibst wieder stehen, weil viele stehen geblieben sind. Hier stehen stets Leute und warten. Auf was und wen auch immer. Fast alle sehen wie Touristen aus. Es ist dir fast peinlich, dich einzureihen. Zu stehen, zu starren und auf die große Welt zu warten. Und nebenan ein Eis zu kaufen und mit der Waffel in der Hand Spalier zu stehen. Ist das des Weltstädters würdig?

Alle gaffen und warten. Schwarze und sehr teure Autos fahren vor und fahren ab, Leute steigen aus und ein, doch keiner sieht aus, als müsste man ihn kennen.

Die Chauffeure sind die heimlichen Stars, auch die Livrierten am Eingang, die man Doormen nennt und die mit Pagen nicht verwechselt werden dürfen. Die Chauffeure steigen aus und ein, rangieren hier und da, mitunter steigt einer, um sich die Zeit beim Warten zu vertreiben, vorn links aus und hinten rechts wieder ein, wie ein Staatsgast.

Dann sitzt er da und liest Zeitung, von den Leuten im Spalier bewundert, auch du möchtest in diesem Moment ein wichtiger Chauffeur sein. Laut wird ringsum geraten, was das wohl für eine Automarke sein mag. Ein Mann versucht ganz vorsichtig, sich dem Wagen zu nähern und seine Marke zu entschlüsseln. „Lincoln“, ruft er der Menge zu.

Nach einer Viertelstunde ist immer noch nichts wirklich passiert, die Leute, die mit dir gestanden haben, gehen langsam auseinander. Aber sofort kommen andere hinzu und starren und warten. Vielleicht ist das Stehen und Starren das Besondere.

So sind sie, die Provinzler, sagst du und gehst. Schaust dich um, ob nicht doch noch was passiert. Und schon ist das Adlon außer Sichtweite. Bis zum nächsten Mal.

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