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Berlin: Heinz Hoefer (Geb. 1915)

Sein Triumph: Millionen für das Klinikum Steglitz

Auf einem der letzten Fotos trägt er eine graue Wildlederjacke im Trachtenstil. Um seinen Hals hängen an langen Bändern die Medaille der französischen Ehrenlegion und das große goldene Ehrenzeichen von Niederösterreich. An seinem Revers prangt das Bundesverdienstkreuz Erster Klasse.

Die Medaille der französischen Ehrenlegion trug er in den letzten Jahren täglich, die Öse und das geflochtene Seidenband hatte er selbst anbringen lassen. So geschmückt saß er in seinem Lehnstuhl und schaute aus dem Fenster: im Vordergrund ein paar Birkenzweige, am Horizont der Funkturm. Er liebte diese Aussicht, versicherte sie ihm doch, zu Hause zu sein, in der Stadt, von der er einstmals einen Teil regiert hatte.

„Ich denke über die Vergangenheit nach“, antwortete er, wenn jemand wissen wollte, was in ihm vorging.

In der Vergangenheit war seine Mutter zu früh gestorben, hatte er mit vielen Geschwistern in einer Arbeiterwohnung in Kreuzberg gewohnt, die Milch von den Kühen geholt, die in den Ställen im Hinterhof standen.

Später machte er eine Lehre im Preußischen Landwirtschaftsministerium. Wie schon sein Vater wurde er Sozialdemokrat. Deshalb, so erzählte er einmal einem Journalisten, sei er 1933 von den Nazis aus der Behörde entlassen worden. Er arbeitete dann auf einem Gutshof in Ostpreußen, bis er in die Wehrmacht einberufen wurde und am Russlandfeldzug teilnahm.

Vom Krieg sprach er nie. Vom Krieg kündete nur die riesige Narbe quer über seinem Bauch. Sieben Wochen hatte er im Koma gelegen.

Zurück in Berlin sprang er in die Steigbügel der SPD, wurde 1949 Bezirksverordneter und machte sich als Vorkämpfer für den kleinen Mann selbst zu einem Großen.

Sein Triumph, von dem zu erzählen er nicht müde wurde, war die Errichtung des Klinikums Steglitz: Heinz Hoefer hatte es zum Baustadtrat gebracht, als der Regierende Bürgermeister Willy Brandt ihn besuchte und sagte, dass er am nächsten Morgen in die USA fliegen würde, um Spendengelder einzutreiben.

Sagt Heinz zu Willy: „Bring mir mal drei Millionen mit, ich muss hier ein Krankenhaus bauen.“ Und Willy fliegt und bringt ein paar Dutzend mehr mit als die verlangten drei. 1959 wird der Grundstein gelegt, nicht nur für ein Krankenhaus, sondern gleich für eine Universitätsklinik.

Aufbauen hieß die Mission jener Jahre. Das Bauamt taufte er „Baubeschleunigungsbehörde“, 30 000 neue Wohnungen fabrizierte diese in seiner Zeit als Bezirksbürgermeister von 1965 bis 1971. Einer der filzigen West-Berliner Bauskandale, der um den Steglitzer „Kreisel“, fiel ebenfalls in seine Regentschaft. Den aber hatte der Senat zu verantworten.

Willy Brandt bot ihm an, mit nach Bonn zu kommen. Doch Heinz Hoefer zog es vor, seine Jahre als Bezirksbürgermeister mit einem Posten als Aufsichtsratsvorsitzender der Lebensversicherung „Ideal“ und ähnlichen Ämtern abzurunden.

Er kultivierte seine Liebe zu Porzellan, amerikanischen Autos, gutem Essen und Musik von Beethoven. Mit seiner zweiten Frau, die 27 Jahre jünger war als er, durchwanderte er in Trachtenkleidung Südtirol und den Odenwald.

Und wer dem hochgewachsenen, sauber gescheitelten Herrn mit den Kavaliersmanieren begegnete, hätte in ihm eher einen Grafen als ein Arbeiterkind vermutet.

1998 erlitt er einen Schlaganfall, der seine linke Körperhälfte lähmte. 15 Jahre lang saß er klaglos in seinem Lehnstuhl, in aristokratischer Haltung, und ließ den Blick über die Dächer schweifen. Anne Jelena Schulte

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