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Berlin: Heiße Spur im Babyklappen-Mord Die Polizei sucht zwei Frauen

Der tote Säugling wird nach der Obduktion am kommenden Freitag beerdigt

Von Jörn Hasselmann

Nach über einem Monat haben die Ermittler im Babyklappenmord eine heiße Spur. Mit Phantombildern fahndet die Kripo jetzt nach zwei Frauen. „Sie stehen mit der Ablage in der Babyklappe in Verbindung – mindestens“, sagte Kriminaloberrat Oliver Knecht. „Mindestens“ heißt: Die beiden unbekannten Frauen können auch mit der Ermordung des Säuglings zu tun haben. Wie berichtet, war der tote Junge am Montag, dem 8. Juli, in die Babyklappe des Zehlendorfer Krankenhauses Waldfriede gelegt worden. Vermutlich am selben Tag war der ein oder zwei Tage alte Neugeborene mit 15 Messerstichen in den Oberkörper ermordet worden, erst danach wurde ihm ein Strampler angezogen.

Die beiden Frauen sind von Zeugen gesehen worden, wie sie eine Art Rollwagen über das Klinikgelände an der Argentinischen Allee schoben. Aus ihrer Beschreibung erstellten die Fahnder die Phantombilder. „Ich bin optimistisch, dass das die richtige Spur ist“, sagte Chefermittler Oliver Knecht dem Tagesspiegel. In den vergangenen fünf Wochen gingen nur 40 Hinweise ein. Auch nach der Veröffentlichung des Falls im ZDF-Magazin „Aktenzeichen XY“ am vergangenen Freitag meldeten sich nur wenige Anrufer, weitergeholfen haben ihre Hinweise nicht. Die Polizei hat 5000 Euro Belohnung ausgesetzt.

Die Ermittlungen konzentrieren sich nun auf eine jüngere und eine ältere Frau, die vermutlich aus dem südosteuropäischen Raum stammen. Sie sollen den Säugling – der „mitteleuropäisches Aussehen“ hatte – gegen 13.20 Uhr in einem Karton verpackt mit einem in Baumärkten gebräuchlichen Transportwagen zu der Babyklappe gebracht haben. Der Wagen hat einen Holzfußboden mit Bügelgriff und große Gummiräder. Die Frauen werden so beschrieben: Die Ältere ist etwa 40 Jahre alt, 1,65 bis 1,70 Meter groß, kräftig bis korpulent, hat einen dunklen Teint, harte Gesichtszüge, eine große Nase und eine dunkle Kurzhaarfrisur mit langem Deckhaar. Sie war unauffällig gekleidet. Die Jüngere ist 20 bis 25 Jahre alt, 1,60 bis 1,65 Meter groß, schlanker als die ältere Frau, hat sehr dunkles, glattes, schulterlanges, zurückgestecktes Haar und trug einen dunklen Kurzmantel oder eine längere Jacke.

Trotz dieser „heißen“ Spur verfolgen die Ermittler in akribischer Kleinarbeit alle anderen Spuren: So wurden die Akten aus Krankenhäusern und die Geburtsregister aus Berlin und Brandenburg für Name abgearbeitet. „Alle angemeldeten Kinder sind auch wirklich da“, sagte eine Ermittlerin.

Die Hoffnung der Kripo, über das Standesamt den Tätern auf die Spur zu kommen, war nach wenigen Tagen zerstoben. Denn das Kind war eine Hausgeburt, und deshalb wohl nicht angemeldet worden. Zunächst ging man davon aus, dass das Kind mit „fachmännischer Hilfe“, also im Krankenhaus oder mit einer Hebamme, zur Welt kam. Die Obduktion ergab jedoch, dass der körperlich voll entwickelte Junge zwischen dem 6. und dem 8. Juli ohne ärztliche Hilfe entbunden worden war.

Auch die Kleidung des Jungen brachte die Polizei nur wenig weiter: Man weiß zwar mittlerweile, dass der dunkelblaue Strampler der Größe 56 nur bei „Kaufland“ verkauft wurde – Massenware aus dem Großmarkt. Zur Mütze gab es nicht einen Hinweis.

Wenn es auf die Veröffentlichung der Phantombilder Hinweise gibt, setzt das LKA auf die DNA-Analyse, um Verdächtige zu überführen. Schon mehrere Personen, die ins Visier gerieten, wurden um Speichelproben gebeten, sagte Kriminaldirektor Knecht. Weigert sich ein Verdächtiger, könne ein Richter die DNA-Probe anordnen.

Das Krankenhaus Waldfriede teilte mit, dass der Säugling am kommenden Freitag beerdigt wird. Die Trauerfeier beginnt um 13 Uhr auf dem Friedhof Lankwitz an der Malteserstraße. Organisiert wurde die Beisetzung von den Ärzten des Zehlendorfer Krankenhauses. Nach der Tat war spekuliert worden, dass derjenige, der das Kind abgab, „etwas gutmachen“ wollte. Möglicherweise sollte dem Kind eine „richtige“ Bestattung ermöglicht werden. Denn die Fahnder rätseln, wieso das hohe Entdeckungsrisiko auf sich genommen wurde, das Kind – das auch für Laien eindeutig tot war – in die Babyklappe zu legen. Sonst wurden getötete Kinder in den Müllschlucker geworfen oder im Wald verscharrt. Hinweise an die Kripo unter Telefon 699 327 320.

Informationen im Internet:

www.berlin.de/polizei/Presse

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