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Berlin: Henk Hoefdraad ist Botschaftsrat für Wissenschaft und Technologie in der Vertretung der Niederlande

Nun sind sie da, die Neuberliner vom Rhein. Im Rahmen der Serie "Bonner Köpfe" stellt der Tagesspiegel einige vor.

Nun sind sie da, die Neuberliner vom Rhein. Im Rahmen der Serie "Bonner Köpfe" stellt der Tagesspiegel einige vor. Manche von ihnen haben nur einen Bruchteil ihrer politischen Karriere in der alten Hauptstadt verbracht und Bonn ohnehin nur als Provisorium betrachtet. Henk Hoefdraad (51) zum Beispiel, der als Botschaftsrat für Wissenschaft und Technologie in der Vertretung der Niederlande arbeitet. Dort berät er holländische Unternehmen, die sich ein Bild über Technolgie und industrielle Innovationen in Deutschland machen wollen.

Seit drei Wochen arbeite ich nun in Berlin. Mein Büro ist im 21. Stock des Internationalen Handelszentrums in der Friedrichstraße. Von dort hat man einen fantastischen Ausblick über die Stadt und kann die Veränderungen jeden Tag verfolgen. Neulich habe ich die Baukräne gezählt, es waren mehr als hundert. Unglaublich.

Jeder Tag ist für meine Frau und mich hier ein Abenteuer. Berlin ist so groß, da gibt es immer etwas neues zu entdecken. Die meisten meiner Kollegen aus der Botschaft wohnen im Westen, in Zehlendorf oder am Grunewald. Wir sind bewusst nach Mitte gezogen, weil wir Berlin erleben wollen. In einem Viertel draußen bekommt man doch nichts mit. Unsere Bindung zu Berlin war schon lange besonders intensiv. Ich habe Berlin erstmals 1967 besucht, das war für einen 19-Jährigen natürlich sehr spannend. Meine Frau war in den Niederlanden Geschichtslehrerin. Auf Klassenfahrten war sie sehr oft hier, in kaum einer Stadt lässt sich Geschichte doch so lebendig zeigen wie in Berlin.

Bevor ich vor zwei Jahren nach Bonn versetzt wurde, war ich fünf Jahre in Rom. Nichts Schlechtes über Bonn. Es ist schön ruhig und es gibt da den Rhein, wo man ausgedehnte Spaziergänge machen kann. Aber vielleicht war es meiner Frau und mir auch zu nah an den Niederlanden. Wir wollten etwas anderes sehen, lieben das Leben in der Großstadt und ein großes kulturelles Angebot. Außerdem hat Berlin ein ganz besonderes Flair. Jetzt in den Sommermonaten erinnert es mich fast ein wenig an Rom, allein schon wegen der vielen Straßencafés. Um ehrlich zu sein, als wir nach Bonn kamen, haben wir praktisch nur auf den Umzug nach Berlin gewartet.

Nach dem Mauerfall war ich viele Jahre nicht in Berlin. Hier hat sich ja fast alles verändert. Ich muss sagen, es ist nicht gerade uninteressanter geworden. Besonders freue ich mich darüber, dass ich die Jahrtausendwende hier erleben darf, denn drei Jahre werde ich noch in Berlin sein. Es ist schon interessant, am Ende eines aufregenden Jahrhunderts wird das lange geteilte Berlin wieder eine Stadt. Das ist wie ein Punkt am Ende eines Satzes.

Über die Berliner Schnauze habe ich schon viel gehört, aber davon gemerkt habe ich noch nichts. Die Leute hier sind sicherlich sehr direkt. In Amsterdam ist das übrigens ähnlich. Deshalb habe ich damit gar keine Probleme. Natürlich, als Beamter der Botschaft bekommst du vielleicht von den Menschen in der Stadt nicht so viel mit wie manch anderer. Zumal ich permanent durch ganz Deutschland reisen muss. Aber ich habe ja noch Zeit, um einiges kennenzulernen. Auch die sogenannten neuen Länder. Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern interessieren mich besonders, die Landschaft dort erinnert mich an die Niederlande. Wobei ich es übrigens merkwürdig finde, dass die östlichen Bundesländer nach fast zehn Jahren immer noch neu sein sollen. Aber es ist eben nicht so einfach, wenn ein Land wieder zusammenwachsen muss, in der Geschichte hat es das nicht oft gegeben.

Aufgeschrieben von Claus Vetter

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