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Berlin: Henkel macht das Duell zum Dreikampf Der CDU-Spitzenkandidat legt einen guten Start hin und gibt seiner Partei ein neues Erfolgsgefühl

Manchmal läuft alles rund. An dieses Gefühl müssen sie sich in der Berliner CDU erst wieder gewöhnen.

Manchmal läuft alles rund. An dieses Gefühl müssen sie sich in der Berliner CDU erst wieder gewöhnen. In der vergangenen Woche hatten sie Gelegenheit dazu. Der Spitzenkandidat Frank Henkel, seine Partei, steigende Zustimmung in einer Umfrage – alles passte zusammen.

Das ist noch kein Trend, aber ein Hinweis auf eine neue Konstellation im Wahlkampf. Seit November war, als gäbe es die CDU nicht mehr, vom „Duell“ zwischen Klaus Wowereit und der Grünen Renate Künast die Rede gewesen. Dass sie beim Abstieg in die Landespolitik so viele Fehler machte, wunderte Beobachter. Wieso Fehler?, fragt ein CDU-Vorständler. Künast sei nur „ehrlich“ und sage, was sie wirklich wolle. In der CDU sei man ihr dankbar dafür. Das mache die Gegensätze richtig deutlich. Die Grünen jedenfalls verlieren in Umfragen und stehen wie die CDU bei 23 Prozent. Die SPD kommt auf 28 Prozent. Das Duell ist zum Dreikampf geworden.

Das mag in der CDU manch einer kaum glauben. Als Henkel am Samstag vor einer Woche einstimmig zum Spitzenkandidaten gekürt wurde, spürte zwar jeder Besucher des Parteitags im Schöneberger „Gasometer“ die gute Grundstimmung der Berliner Union. Doch haben manche Zweifel, ob die Partei nah genug an der Stadt ist. „Und dann holen wir doch nur 19 Prozent“, sagte einer, nur halb im Scherz, während Henkel auf der Bühne gefeiert wurde und die Jung-Männer der Jungen Union „Jetzt geht’s los“ intonierten.

Sieben Monate vor einer Wahl, mitten im kalten Februar, sind Umfragen-Gewinne flüchtig wie ein Frühlingshauch. Doch befördern sie ihrerseits wieder Stimmungen: Ach ja, die CDU ist auch noch da. Wer war noch mal dieser Henkel? Dieser Henkel tritt an als bodenständiger Berliner. Während der Regierende den Charme des Sonnenkönigs poliert und lächelnd die Berlinale zelebriert, während Künast Nachhilfe in der Berliner Realpolitik bekommen muss, steigt Henkel in den Kellern des Rudower Blumenviertels herum. Da kümmert er sich um die Probleme von Bürgern, denen die Keller mit Grundwasser volllaufen. Der große schwere Mann mit schwarzem Rollkragenpullover, die Hand am Wassersauger von Gisela Kirste in deren Rudower Keller, in dem zentimeterhoch das Grundwasser steht: Das Foto war Donnerstag in einigen Zeitungen zu sehen. Mancher wird es belächelt haben – für andere war es ein Beweis dafür, dass nicht alle Politiker immer nur auf roten Teppichen herumstehen.

Henkel, ganz bescheiden, der Mann, der sich kümmert: Das passt. Bei verschiedenen Gelegenheiten hat er erzählt, wie er sich in den vergangenen beiden Jahren mit den Gefühls- und Problemlagen der Leute vertraut gemacht hat. Ohne mediale Begleitung hat er mit Eltern über Schule, mit Alten über ihre Nöte, mit Innenstadtbewohnern über Integration geredet. Was er dabei gehört hat, übersetzt er nicht in Politsprech. Er bringt es mit der CDU-Programmatik zusammen. Es klingt nicht nett, aber glaubwürdig, wenn Henkel sagt, dass die Leute Einwanderung „vor ihrer Haustür ganz anders“ erlebten als von Politikern gerne dargestellt – eben nicht bereichernd, sondern beängstigend, um dann über „Fördern und Fordern“ und das CDU-Integrationskonzept zu sprechen.

Der Mann verstellt sich nicht beim Reden. Das hat vor langer Zeit schon Klaus Wowereit gemerkt – vielleicht, weil sich beide in gewisser Hinsicht ziemlich ähnlich sind: berlinisch-unarrogant, schnoddrig, bei Bedarf ein bisschen pampig, ohne jede Angst vor dem Kontakt mit Normalberlinern, als Politiker bei sich, deshalb authentisch. Beide sind straßenwahlkampftauglich – und mancher Beobachter hat Zweifel, ob das auch für Künast gilt.

Die Konstellation ist eine andere geworden. Zumindest im Abgeordnetenhaus gilt die CDU wieder als satisfaktionsfähig. Wie einbetoniert stand Henkel am Donnerstag am Rednerpult, als es um den Volksentscheid zu den Wasserbetrieben ging. Er zeigte, dass er austeilen kann, feierte den Entscheid – für den seine CDU rein gar nichts getan hatte, so wenig wie alle anderen Fraktionen – als Misstrauensvotum gegen den Senat und konterte den nervös wirkenden SPD-Fraktionschef Michael Müller mit dem Spott-Wort, „selbst ein Chamäleon“ könne von ihm und anderen SPD- und Linken-Politikern noch lernen. Müller hatte zuvor versucht, den Volksentscheid zum rot-roten Erfolg umzudeuten, weil doch die Koalition solche Entscheide erst möglich gemacht habe.

Das alles ist nicht mehr als der Anfang von etwas Neuem im Wahlkampf. Henkel füllt den schwarzen Rollkragenpullover genauso aus wie den parlamentsfähigen dunklen Anzug. „Sie werden sehen, bei der nächsten Umfrage liegen wir vor den Grünen“, sagt ein Vertrauter des CDU-Kandidaten. Werner van Bebber

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