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Herbst ist, wenn Papa ein bisschen Obst vorbeibringt: "Kannst du alles einwecken, mein Junge."

© dpa

Herbst in Berlin: Weck' den Sommer ein!

Es wird herbstlich bunt und warm – vielleicht zum letzten Mal vor trüben Tagen und frostigen Nächten. Zeit, sich umzustellen, Haus und Garten fit zu machen. Wir haben uns ein paar Projekte für den Herbst vorgenommen.

Wenn es so was gibt wie „Frühjahrsputz“, wie heißt dann das Pendant im Herbst, wenn alles winterfest gemacht wird … ähm, „Winterfest“? Alles, was man im Schnee nicht braucht (Kinderbuddeleimer, Liegepolster, ff.), verschwindet bis April im Schuppen. Der Grillrost wird noch mal mit Öl gereinigt und hinter der Bierbank verstaut, die Grillsaucen mit Ingwer-Ananas-Geschmack landen im Müll.

Wobei: So ein Grillabend im Schnee soll ganz wunderbar sein – schade nur, dass Supermärkte keine Kohle mehr im Sortiment haben („Keene Vorräte jekooft, junger Mann, wa?“). Anfängerfehler, aber man kann ja auch mal wieder Grünkohl futtern – das Glas steht eh seit letztem Winter (oder vorletztem?) in der Speisekammer.

Und was machen wir mit der „Berliner Weiße“ im Regal? Am Sonnabend spielt Hertha, da kann man die Kumpels ja vorm Anpfiff ganz gönnerhaft mit ein paar Fläschchen überraschen. Alles muss weg, alles muss raus. Und die restlichen Wurstpakete landen im Tiefkühler.

Nur ist es leider auch so, dass im Herbst ganz viel Kram sich ansammelt: Seit Wochen schleppt die geschätzte Familie körbeweise Birnen und Äpfel heran („Könnt ihr alles einwecken!“). Und eine Eimerladung aufgesammelter frischer Walnüsse trocknet auch schon ausgebreitet auf dem Fußboden. In einigen Wochen kann man sie essen.

Bis zum Frühling gehört der Nussknacker nun zum sichtbaren Kücheninventar. Das wird ein richtiges Winterfest. André Görke

Herbstprojekt 2: Winterklamotten raus, Sommerkluft rein

Es gibt kein falsches Wetter, es gibt nur falsche Kleidung. Sagte schon Mutter. Also: Jetzt ist's Zeit, die passenden Winterklamotten rauszuholen.
Es gibt kein falsches Wetter, es gibt nur falsche Kleidung. Sagte schon Mutter. Also: Jetzt ist's Zeit, die passenden Winterklamotten rauszuholen.

© dpa

Es müffelt. Ich niese. Das nervt. Jedes Jahr das Gleiche. Sechs Monate lang haben die dicken Pullis den Schrank verstopft, den Staub gefangen, die Motten ernährt, bis der Herbstwind ihre Rückkehr einfordert. Dann erinnern die bunten Farbkleckse monatelang an Sommerabende auf dem Balkon, während draußen der Schnee fällt. So war das früher.

Bis mich der Platzmangel und die irgendwie ständig wachsende Garderobe auf die Idee mit der Umzugskiste brachten. Einmal im halben Jahr wird nun ausgemistet. Sobald die Zeit der Trägertops vorbei ist, werden sie aus dem Schrank verbannt. Die luftigen Kleider, die Riemchenschuhe, die kurzen Röcke – alles muss raus, um Platz zu schaffen für Rollkragenpullis, Strumpfhosen und Stiefel.

Das erleichtert nicht nur den gedanklichen Übergang in die neue Jahreszeit. Ich überlege mir auch zweimal, ob ein Kleidungsstück wieder Zugangsberechtigung zum Schrank erhält. Habe ich das letztes Jahr wirklich noch angezogen? Hat das nicht schon vor zwei Jahren Löcher gehabt? Und, ehrlich, grün?

Auf Rat des Mitbewohners kommt neuerdings auch ein Stückchen Seife mit in die Kiste. So kommen die Kleider nach dem Winterschlaf sogar wohlriechend zurück an die Stange. Kein Müffeln, kein Niesen – und weniger Wäsche.

Wenn mir dann noch ganz unten der vergessene Lieblingspulli aus dem Vorjahr wiederbegegnet, ist so auch so manche Fahrradfahrt durch den Regen ausgeglichen – und ich könnte mich fast auf den Winter freuen. Anke Myrrhe

Herbstprojekt 3: Schnell das Boot aus dem Wasser holen

Immer dieser Moment des Herzklopfens, dieser Anspannung. Jedes Jahr wieder, wie der Abschied vom Sommer. Daran kann man sich nie gewöhnen. Bange Minuten, bis das Boot über dem Slipwagen schwimmend in die richtige Position bugsiert ist. Wenn der Transportwagen langsam immer noch ein wenig tiefer ins Wasser geschoben wird, das Zugfahrzeug zentimeterweise auf der rutschigen Böschung ins Wasser ruckelt. Wie der Slipwagen dann sich wieder aus den Wellen erhebt, das Boot sich ächzend in seine Aufhängung legt, als wolle es nicht sein angestammtes Element verlassen.

Der Wagen schwankt, als wolle das Boot gleich abrutschen und der Fahrer im Zugfahrzeug schaut ganz sorgenvoll, ob es ihn mit in den schlammigen Grund zieht. Ende einer Saison, der gesammelte Augenblick der Erinnerung an viele Sonnenstunden oder auch an scharfe Windböen, die das Boot so jäh kippten, dass die Welle ins Schiff schwappt und die Töchter erschrecken.

Bevor das Boot im Eis verschwindet, sollte man es aus dem Wasser holen. Sagt der Fachmann. Glauben wir sofort.
Bevor das Boot im Eis verschwindet, sollte man es aus dem Wasser holen. Sagt der Fachmann. Glauben wir sofort.

© dpa

Die Töchter, die am Bootssteg eben noch missmutig mitgeholfen haben, den Mast zu legen und das Boot winterfest zu machen, weil sie lieber nur die Sonne genießen als hier am Wasser die feuchte Kälte durch den dicken Pullover kriechen zu spüren. Mit jedem Ruck des Zugfahrzeugs, der das Boot aus dem dunklen Grund zieht, auf dem nun die welken Blätter schwimmen, rückt der Sommer ein wenig weiter weg. Und auch das Boot fügt sich nun, hat sich schwer gesetzt in die Halterungen des Slipwagens, lässt das schlammige Unterwasserschiff sehen und die Schnecken, die sich in Sommermonaten dort angesiedelt haben. Abschied in einen langen Winterschlaf, unter der festen Plane – bis zum nächsten Frühling. Gerd Nowakowski

Herbstprojekt 4: Futter wie ein Eichhörnchen

Was Eichhörnchen im Herbst können, das kann ich auch! Beizeiten lege ich mir einen Vorrat von Nüssen für die kommenden kalten Wochen an. Die letzten Sonnentage vor dem Novemberregen nutze ich für Streifzüge und Hamstergänge.

Nüsse liefern wertvolle Kalorien und lebensnotwendige Vitamine gerade in der dunklen Jahreszeit. In diesen Tagen sind sie reif, und Berlin bietet eine Vielzahl von frei zugänglichen Bäumen, die Walnüsse, Haselnüsse oder Esskastanien tragen und jetzt in erheblichen Mengen abwerfen. Ich bevorzuge Parks und stillgelegte Bahndämme; doch es hilft stets auch ein Blick auf die Website www.mundraub.org – dort werden Standorte in der ganzen Stadt genannt. Was auf dem Boden liegt, kann unbedenklich eingesammelt und mitgenommen werden. Entweder im Jutebeutel oder fachgerecht in den Wangentaschen. Man staunt, wie viel dort hineinpasst!

Ein Teil der Nüsse wird sofort weiterverarbeitet: Nusskuchen, Nussbrot, Nusspudding. Esskastanien werden eingeritzt und eine Viertelstunde lang auf dem Blech im Ofen geröstet, bis sich die Schale aufbiegt. Auch ein Süppchen lässt sich aus ihnen machen, mit Weißwein und Sahne – köstlich. Vorher jedoch in Wasser legen und die herausnehmen, die oben schwimmen, die sind nämlich schlecht.

Wie die Eichhörnchen lege ich mir so das lebenswichtige Fettpolster zu, das mich durch den Winter bringen wird. Den Rest der Nüsse verscharre ich in meiner Wohnung, in Ritzen und Fugen des Bodens, unter dem Schrank und hinter den Büchern. Es ist nützlich, sich die Verstecke zu merken und vor den Familienmitgliedern geheim zu halten. Dann wird es Zeit, mich zur Winterruhe zu begeben. Johannes Groschupf

Herbstprojekt 5: Schneiden und Fegen sind Gärtners Segen

In einem kleinen Garten gibt es immer große Dinge zu tun, insbesondere im Herbst. Ich gehöre noch nicht zu den Fortgeschrittenen, die im Herbst ihre Harke einfetten. Ich habe schon genug damit zu tun, zu lernen wie man einen Apfelbaum richtig beschneidet.

Meine Mutter hat mir erklärt, dass insbesondere Äste mit sprießenden Terminalknospen fachgerecht um ein Drittel zu beschneiden sind und dass rechtwinklig nach oben abstehendes Astwerk unbedingt mit einer Holzsäge abgetrennt gehört. Am Ende jedenfalls, so die Weisheit meiner Mutter „muss ein Hut durch den Ast fliegen können“ – was auch immer das heißt. Mich beruhigte immerhin der Hinweis, die Bäume könne man noch bis in den Dezember hinein zurechtstutzen. Ich machte danach erst mal einen Pause.

Guten Hunger. Nüsse sammeln, knacken und entspannen - die Winterruhe steht schließlich an.
Guten Hunger. Nüsse sammeln, knacken und entspannen - die Winterruhe steht schließlich an.

© dpa

Wichtiger ist sowieso das Laubfegen. In meinem Garten trohnt eine mehr als 100 Jahre alte Kastanie – deren Laub verottet nur langsam, wie mir Freunde zugeraunt haben, und war da nicht auch was mit Miniermotten? Ich hole mir also Laubsäcke von der BSR, kehre die ersten Laubberge und die ersten 100 Kastanien zusammen und bin nach dem vierten Sack schon ziemlich platt. Dann schaue ich die Kastanie hinauf, die in den Himmel über Pankow ragt – und sehe einen massigen Baum voller Blättermassen. Morgen fahre ich wieder zur BSR – Säcke nachkaufen.

Herrlich, dieser Herbst! Robert Ide

Herbstprojekt 6: Der Sommer bleibt im Kofferraum

Das Mailing vom Reifendienst kommt alle Jahre wieder, kurz nachdem die ersten Schokoladennikoläuse in den Regalen aufgetaucht sind. Man weiß dann: Den Badesee siehst du lange nicht wieder. Denn auch in den vergangenen Jahren ist der Vorsatz nicht in Erfüllung gegangen, den Ort der sommerlichen Freuden zum Herbstspaziergang aufzusuchen. Stattdessen also Termin gemacht. Eigentlich ist Mitte Oktober ein bisschen früh, aber dann werden die ersten Schneefälle aus Garmisch gemeldet, da kommt es einem dann schon wieder spät vor. Pünktlich winkt der nette, grauhaarige Mechaniker den Wagen auf die Hebebühne.

Oh je, hatte der nicht letztes Jahr erst gemahnt, dass der Kofferraum aufgeräumt werden müsste? Nun liegen da noch die Strandtasche drin, die Picknickdecke, das Federballspiel. Egal. Zur Routine gehört die kleine Konversation mit der Bürodame in der Werkstatt.

Kein Krach, frische Luft. Gartenarbeit ist herrlich entspannend, nicht wahr?
Kein Krach, frische Luft. Gartenarbeit ist herrlich entspannend, nicht wahr?

© Kitty Kleist-Heinrich

Nach all den Jahren rät sie nun dazu, die Sommerreifen im kommenden Jahr zu erneuern.

„Wie teuer wird das kommen? – „Na ja, hängt davon ab, ob Sie wieder Sommerreifen nehmen oder Allwetterreifen.“ Allwetterreifen??! „Was haben Sie denn für welche?“ – „Allwetterreifen“, sagt die Dame. „Obwohl Sie direkt an der Quelle sitzen?“ Sie lächelt schlau. „Wenn man vor allem in der Stadt fährt, ist das okay.“

Ja, schon gut, aber was soll ohne Winterreifenwechsel nur werden aus dem guten Vorsatz, vor einem Winter mal den Kofferraum vom Sommer zu befreien? Elisabeth Binder

Und ganz zum Schluss noch ein aktueller Blick aufs Wetter.

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