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Auseinandersetzungen mit der Polizei nach friedlichem Fest auf dem Oranienplatz.

© Davids

Update

Politische Feste in Berlin-Kreuzberg: Nach der Feier: Auseinandersetzungen mit der Polizei

Ganz so friedlich wie angekündigt, war es nicht, das Fest auf dem Oranienplatz. Die Polizei schrieb 34 Strafanzeigen, 17 Beamte wurden leicht verletzt. Am Sonntagnachmittag wird im Görlitzer Park weitergefeiert.

Das Polizeipräsidium verschickte am Sonntagnachmittag eine Bilanz der Kundgebung, die am Sonnabend auf dem Oranienplatz in Kreuzberg unter dem Motto „Asylrechtsverschärfung stoppen! Bündnis für bedingungsloses Bleiberecht“ stattfand. Die Polizei zählte 3500 Besucher. Vereinzelt habe es Übergriffen auf Polizeibeamte gegeben, bei einer Spontandemo am späten Abend flogen Flaschen. Zu diesem spontanen Aufzug war kurz vor 22 Uhr von der Bühne aus aufgerufen worden. 150 Personen versuchten daraufhin über die Oranienstraße in Richtung Adalbertstraße zu ziehen.

"Als Polizeikräfte sich zur Klärung in den Weg stellten, drehte sich der Aufzug um und es kam zu Flaschenwürfen in Richtung der eingesetzten Beamten", teilte die Polizei mit. Und weiter: "Kurz darauf setzte sich der Aufzug erneut in Bewegung und wurde in Höhe Oranienstraße wieder angehalten. Es kam erneut zu Flaschenwürfen auf die Polizisten. Zur Abwehr und um die Störer abzudrängen wurde das Reizstoffsprühgerät eingesetzt. Die Gruppe formierte sich neu und wurde in der Oranienstraße/Skalitzer Straße gestoppt und Platzverweise ausgesprochen."

Kurz nach 23 Uhr brannte in der Nähe ein Papiermüllcontainer, das Feuer griff auf einen Imbiss in der Oranienstraße über. Von 300 Einsatzkräften wurden 17 Beamte verletzt, die ihren Dienst jedoch alle fortsetzen konnten. Bei zwei Frauen und 16 Männern wurden die Personalien festgestellt. Insgesamt sind 34 Strafermittlungsverfahren eingeleitet worden, vor allem wegen Landfriedensbrüchen und Körperverletzungen.  Schon während des Konzertes hatte es Ärger gegeben. Besucher kletterten auf Ampeln, eine BVG-Wartehalle und das Baugerüst an der der östlichen Ecke des Platzes. Sie wurden von der Polizei heruntergeholt.

Demonstration gegen Einschränkung der Rechte von Asylbewerbern

An der Veranstaltung selbst nahmen nach Polizeiangaben rund 4000 Menschen teil. Sie sprachen sich gegen eine Einschränkung der Rechte von Asylbewerbern aus, die vor Krieg und Terror aus ihrer Heimat fliehen müssen.

Auch "Seeed"-Sänger Peter Fox machte sich bei seinem Auftritt auf der Bühne mit Band "Bäm" für Asylbewerber stark. Er legte Musik auf, sang "Der letzte Tag" und "Schwarz zu Blau". Parteibanner sah man auf der Veranstaltung nicht, aber es wurden Flyer verteilt - und es wurde für Humanität geworben.

Peter Fox: "Die Ungerechtigkeit der Welt in Betracht ziehen"

Die Menschen würden ihre Heimat doch nicht freiwillig verlassen, und wer diesen Schritt gehe, dem dürften nicht noch zusätzlich Steine in den Weg gelegt werden, appellierten Redner. Es war ein politisches Festival, mit Ständen, mit Partycharakter, auch Seifenblasen stiegen auf. Man sollte die "Ungerechtigkeit der Welt in Betracht ziehen" und nicht in Erwägung ziehen, "Leute schneller abzuschieben", forderte Peter Fox gegenüber der RBB-Abendschau am Rande der Veranstaltung.

Demo Caballero. Peter Fox, hier bei einem Konzert in der Wuhlheide, soll bei der Kundgebung auf dem Oranienplatz am Sonnabend für ausgelassene Stimmung sorgen. „Es wird eine Kulturveranstaltung“, verspricht Anmelder Hakan Tas. Foto: Matthias Balk/dpa
Demo Caballero. Peter Fox, hier bei einem Konzert in der Wuhlheide, soll bei der Kundgebung auf dem Oranienplatz am Sonnabend für ausgelassene Stimmung sorgen. „Es wird eine Kulturveranstaltung“, verspricht Anmelder Hakan Tas. Foto: Matthias Balk/dpa

© picture alliance / dpa

Am Oranienplatz fordern Veranstalter ein bedingungsloses Bleiberecht

Vor einem Jahr bauten am Oranienplatz die Flüchtlinge nach mehreren Monaten ihr Camp ab. Genau dort fand also am Sonnabendnachmittag auch die Abschlussveranstaltung der Aktionswoche einer bundesweit aktiven Flüchtlingsinitiative statt, mit Kundgebungen, mit Reden, mit Musik. Die Gruppe hat den sperrigen Namen „Bündnis für Bedingungsloses Bleiberecht – Asylrechtsverschärfung stoppen“. Angemeldet wurde die Kundgebung am Oranienplatz vom Abgeordneten Hakan Tas von der Linkspartei.

„Es wird eine Kulturveranstaltung“, hatte Tas am Freitag gesagt. Das Bündnis teilte mit, dass „ein starkes Zeichen gegen die drohende Asylrechtsverschärfung“ gesetzt werden soll. Es fordert stattdessen ein „Bedingungsloses Bleiberecht für alle“. Und so wurden am Oranienplatz gerufen "Refugees are welcome", die kurzen Ansprachen wurden auf Englisch oder Französisch gehalten oder übersetzt. Kinder saßen bei Eltern auf den Schultern.

Störungen oder Auseinandersetzungen werde es nicht geben, versprach der Abgeordnete Tas. Und Samstagabend war es dann auch so. Nur ein paar Kletterer, die vom Dach eines BVG-Häuschens eine bessere Sicht aufs Geschehen haben wollten, wurden mit Lautsprecherdurchsagen ermahnt, herunterzukommen. Von der Polizei - und von den Veranstaltern. Taten sie aber nicht.

Zu Beginn der Aktionswoche hatten Aktivisten bereits Aufsehen erregt, indem sie kurzzeitig die SPD-Parteizentrale in Kreuzberg besetzt hatten. Nach dem Brandanschlag auf das „Haus der 28 Türen“ vor drei Wochen ist die Stimmung bei Berliner Flüchtlingsaktivisten gereizt. Wie berichtet, hatten Unbekannte nachts das Kunstwerk auf dem Oranienplatz angezündet und völlig zerstört. Die „Türen“ des Kunstwerkes standen symbolisch für die Abschottung der 28 EU-Staaten gegenüber den Flüchtlingen. In Berlin waren während des Krieges in Jugoslawien in den 1990er Jahren mehr als 70 000 Flüchtlinge untergebracht worden, nun sind es bislang rund 25 000.

Am Freitag hat der Aufbau der Bühne auf dem Oranienplatz begonnen, die Oranienstraße samt Seitenstraßen sind gesperrt. Die Busse der Linie M29 werden bis Sonntagfrüh umgeleitet. Die Veranstaltung dauerte von 16 bis 22 Uhr.

"Pegida-Forderungen in Gesetzesform"

„Die Bundesregierung gießt mit ihrem Vorhaben die Pegida-Forderungen in Gesetzesform“, kritisierte die Sprecherin des Bündnisses für ein bedingungsloses Bleiberecht, Mareike Singer, während der Veranstaltung. Mit der Kundgebung wandte sich das Bündnis linker Gruppen gegen Pläne der Bundesregierung für umfangreiche Änderungen am Aufenthaltsgesetz für Ausländer und Flüchtlinge. Damit soll unter anderem erreicht werden, dass kriminelle Ausländer, aber auch andere Menschen ohne Aufenthaltsberechtigung künftig einfacher abgeschoben und mit Wiedereinreisesperren belegt werden können. Menschen, die bisher nur geduldet sind, sich aber gut integriert haben, sollen aber bessere Möglichkeiten bekommen, längerfristig in Deutschland zu bleiben. Vor der geplanten Verabschiedung im Bundestag will das Bündnis nach eigenen Angaben Anfang Mai noch einmal zu einer Demonstration im Regierungsviertel aufrufen.

Im Görlitzer Park richtet sich das Fest gegen Drogenkontrollen

Die radikaleren Flüchtlingsaktivisten mobilisieren für den Sonntagmittag in den Görlitzer Park. Dort werden sie voraussichtlich – mit dem Segen des Verwaltungsgerichts – so viel Krach machen, wie sie wollen. Nach Angaben des Bezirks dürfen sie eine Musikanlage benutzen. Die Versammlungsbehörde der Polizei hat letztlich erlaubt, dass während der Veranstaltung Tanzmusik abgespielt wird. Zunächst hatte die Polizei das verboten, die Aktivisten aus dem Umfeld der Gerhart-Hauptmann-Schule hatten jedoch vor dem Verwaltungsgericht gegen die Entscheidung geklagt.

Die Aktion steht unter dem Motto „TekkBackDaPark“, wie es in verhunztem Englisch auf einer Internetseite heißt. Gefordert wird „Free Ohlauer“ (gemeint ist die Gerhart-Hauptmann-Schule) und „Reclaim Görli“. Das „Take back the Park“ richtet sich gegen die Neugestaltung des Parks durch den Bezirk und die Drogenkontrollen der Polizei. Die Polizei rechnet mit 300 Teilnehmern zwischen 12 und 22 Uhr. Bekanntlich gilt im Park, einem früheren Eisenbahngelände, seit dem 30. März dieses Jahres ein totales Drogenverbot. Mit dieser Regelung soll der extreme Drogenhandel auf dem Gelände eingedämmt werden.

Die Musik darf unbegrenzt laut sein

„Das Bezirksamt bedauert, dass die Versammlungsbehörde keine Beschwerde gegen die Gerichtsentscheidung eingelegt hat“, heißt es in einer Mitteilung. Bislang sei es nicht möglich gewesen, an einem Sonntag unbegrenzt Krach in einem Park zu machen, kritisierte Bezirkssprecher Sascha Langenbach. Viele Anwohner dürften sich über den Lärm beschweren am Sonntag – allerdings beim Bezirk und nicht bei der Polizei.

Nach Angaben der Polizei gibt es für die Veranstaltung am Sonntag keine Auflagen. Die Organisatoren der Demo feiern den „Sieg über die Behörden“ im dritten Versuch. Eine erste Demo wurde abgesagt, beim zweiten Versuch Mitte März mussten sie auf Anweisung der Behörden die Demo auf den Spreewaldplatz verlegen. Die Polizei wird am Sonntag mit zahlreichen Beamten rund um den Görlitzer Park präsent sein.

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