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Berlin: Heute: Runderneuert

Keiner in Berlin bezweifelt, dass die Stadt sich in den vergangenen Jahren erneuert hat und immer noch weiter erneuert. Unbestritten ist aber auch, dass sie anstrengender geworden ist, nervenaufreibender - und das bedeutet: ungesünder.

Keiner in Berlin bezweifelt, dass die Stadt sich in den vergangenen Jahren erneuert hat und immer noch weiter erneuert. Unbestritten ist aber auch, dass sie anstrengender geworden ist, nervenaufreibender - und das bedeutet: ungesünder. Ja, man darf mit einigem Recht behaupten, dass das Leben in Berlin mehr und mehr zum Paradox gerät. Denn je stärker sich die Stadt erneuert, je jünger sie wird, desto schneller altern seine Bewohner. Wenn das so weitergeht, werden die Gebäude sicher bald alle rundum strahlen, die Menschen aber wanken mit Runzeln übersät durch die Straßen. Da tut Aufmunterung not, subtile Belehrung, dass die Jugendlichkeit von Glas und Beton sich doch bestimmt aufs Gemüt auswirke, das Paradox sich also gewiss in hellem Sonnenschein auflöse. Man beginnt dazu am besten mit der Ausweitung des Zeitraums, für den das Wörtchen "neu" gelten soll. Traditionell ist die Phase knapp bemessen. Nicht so im "Neuen Berlin". Zweifellos gehört dazu die Friedrichstraße, deren Werbegemeinschaft sich im Internet noch Anfang Februar mit einer netten Geste zum Jahreswechsel präsentiert: "Friedrichstrasse.de wünscht ein frohes neues Jahr." Man kann dies auch für den Westen haben, muss nur den Straßennamen durch "Kurfuerstendamm" ersetzen. Neu selbst nach einem Monat - muntert das nicht auf? Und wenn das immer noch nicht hilft, wähle man auf UKW die Frequenz 91,4. Dort tummelt sich seit Jahr und Tag der "Berliner Rundfunk", der seit einiger Zeit nur noch als "der neue Berliner Rundfunk" auftritt. Seit der letzten Programmpolitur glaubt er sich dazu im Recht, sie fand am 13. August 2001 statt. Und da sage noch einer, Berlin sei kein Jungbrunnen.

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