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Berlin: „Hier das beste Beispiel für Integration“

Wie türkische Blätter über die Freude der türkischen und deutschen Fans nach den Siegen der Nationalelf berichteten

Jedes Mal, wenn die deutsche Mannschaft bei der WM gewinnt, sind Türken beim Autokorso auf dem Ku’damm vorne mit dabei. Viele haben ihre Autos mit Schwarz-Rot-Gold geschmückt, manche haben die deutsche Fahne außen montiert, die türkische innen.

Ist die Solidarität mit der deutschen Nationalelf echt oder nur ein willkommener Anlass zum Feiern? Ist die fröhlich-ausgelassene Anteilnahme der Türken ein erster Schritt zur Identifikation mit ihrer Wahlheimat Deutschland? Diese Fragen beschäftigten in den vergangenen Wochen die deutschen Zeitungen genauso wie die türkischen. Der Filmemacher Neco Çelik glaubte in der „taz“, dass die neue Begeisterung an Jürgen Klinsmann liegt, der im Gegensatz zu Rudi Völler nicht so sehr wie der klassische Deutsche wirke. Andere Türken vermuten, dass die Stimmung aber noch viel aufgeheizter wäre, wenn die Türkei bei der WM dabei wäre.

Am Donnerstag machte die national-religiöse Türkiye nach dem Spiel gegen Ekuador „die Freude der Nichtdeutschen“ zum Aufmacher der Titelseite. „Hier das beste Beispiel für Integration“, titelte das Blatt. Die Botschaft galt der Bundesregierung, weil die Zeitung nicht nur ein deutsches Fahnenmeer zeigte, aus dessen Mitte eine türkischen Flagge herausragte, sondern auch ein Foto, auf dem Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf der Tribüne des Olympiastadions zu sehen war. „Dass die Migranten nach den Siegen deutsche Fahnen schwingen, ist das beste Beispiel für Integration“, stand darunter. Das hatte allerdings die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU), gesagt.

Das Thema war auch der Aufmacher der Europa-Seite: „Deutschland, unsere Herzen sind mit Dir“, lautete hier die Überschrift. Das Wort „Deutschland“ war in Schwarz-Rot-Gold geschrieben. Als Beweis zeigte die Türkiye ein Foto, auf dem eine deutsche und eine türkische Fahne an einer Häuserfassade zu sehen waren. Ein anderes zeigte Frauen mit Kopftuch, die ihren Körper mit einer deutschen Fahne verhüllt hatten.

Nach dem Sieg gegen Schweden freute sich gestern (aufgrund der frühen Redaktionsschlusszeiten der türkischen Blätter) nur die Hürriyet. „Deutschland im Viertelfinale“, titelte die Zeitung und zeigte glückliche deutsche Fans mit bemalten Gesichtern. „Die Deutschen freuten sich nach dem 2:0 gegen Schweden nach türkischer Art“, schrieb die Zeitung. „Die Deutschen haben von uns gelernt“, sagten auch Türken des Berliner Fußballvereins Türkiyemspor vergangene Woche in Kreuzberg. Vor vier Jahren sei das mit dem Feiern noch nicht so gut gewesen, dieses Mal klappe es schon besser.

Suzan Gülfirat

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