zum Hauptinhalt

Berlin: Hier geblieben!

Wroclaw, km 2709: Pawel Moras lichtet den Behördendschungel

Im Rathaus von Wroclaw erfindet Pawel Moras gerade die OneStop-Agency. „One Stop Shop“ heißt hier, was in Berlin bereits praktiziert wird: Investoren haben stets mit demselben Verwaltungsmenschen zu tun statt im Behördendschungel herumzuirren. Wroclaw, das frühere Breslau, braucht solch ein Projekt: Mehrfach hat die Stadt das Rennen um große Investitionen verloren; gerade kam die Absage für eine Autofabrik von Hyundai-Kia, weil den Koreanern ein slowakischer Standort mehr zusagte. Förderprogramme aus Warschau gibt’s eher fürs platte Land und deutsche Konzerne bringen ihr Geld lieber nach Poznan, wo – auch dank guter Verbindungen nach Berlin – ein Musterländle gedeiht.

Pawel Moras ist 29, trägt die leicht ergrauten Haare gescheitelt und ein EU-Herz im Knopfloch. Der One-Stop-Shop ist sein letztes Projekt, bevor er in den Wahlkampf zieht: Moras kandidiert fürs Europaparlament. „Bürgerplattform“ heißt seine erst 2001 gegründete Partei, die Moras wirtschaftlich nahe der FDP und wertpolitisch bei der CDU sieht. Wenn die Leute den Wahlkämpfer Moras fragen, wo der Aufschwung bleibt, wird er ihnen von den Strukturfonds der EU erzählen: 270 Millionen Euro stünden der Region Niederschlesien mit ihren drei Millionen Einwohnern in den kommenden drei Jahren zu. Diese würden gewiss ausgeschöpft: Allein die Stadt Breslau habe bereits 300 Millionen Euro beantragt – größtenteils für die Infrastruktur. Den erbärmlichen Straßenzustand erklärt nicht nur Moras mit der Oderflut von 1997, die die Hälfte der 670000-Einwohner-Stadt überschwemmte. Zum Thema Infrastruktur kann Moras den Leuten auch erklären, dass Warschau mitschuldig am Scheitern mancher Investition sei. So seien die Koreaner mit ihrem Autowerk weitergezogen, weil ihnen die Warschauer Regierung für Breslau keinen Bahnanschluss zuzusagen vermochte und die Stadt allein kein Gleis verlegen dürfe.

Aber Pawel Moras will nicht klagen wie die Leute, die den Fortschritt nicht sehen und sich weder über den polierten Altmarkt noch über den Einzug ins europäische Haus freuen wollen.

Als nächstes braucht Moras einen Wahlslogan. Und über die Wahlbeteiligung kann er nur spekulieren, weil es Polens erste Europawahl wird. Er hofft auf 30 Prozent plus X.

-

Zur Startseite