zum Hauptinhalt

Berlin: „Hier ist doch nicht die Türkei!“

Die geplante Moschee an der Skalitzer Straße entzweit die Anwohner – auch die muslimischen

Murat Yesilbag ist entsetzt. „Was? Hier soll eine Moschee hin? Kann man das nicht verhindern?“ Ungläubig schaut der 37jährige Geschäftsmann auf den Entwurf des Gotteshauses in der Zeitung. Schräg gegenüber von Yesilbags Café „Morgenland“ an der Skalitzer Straße soll es entstehen. „Dadurch wird sich das Publikum hier kräftig verändern“, befürchtet der Café-Chef. Statt junger, weltlicher Szenekundschaft sieht er vor seinem inneren Auge schon Gruppen älterer, religiöser Araber und Türken an seinen Tischen sitzen, die ihm die weitgehend deutsche Kundschaft vergraulen. „Es wird sowieso schon immer traditioneller und religiöser hier“, klagt Yesilbag. Er selbst sei einst als Kind türkischer Einwanderer zwar auch muslimisch erzogen worden, hat sich aber inzwischen von der Religion losgesagt. Für eine Moschee an diesem Platz hat er „kein Verständnis“.

Andere Anwohner hingegen zeigen sich am Montag glücklich darüber, dass die hässliche Baulücke an der Ecke zur Wiener Straße nun bald geschlossen werden soll. „Wir sind außerordentlich froh, dass hier endlich etwas passiert“, sagt Rechtsanwältin Britta Irgang, deren Kanzlei direkt neben dem öden Gelände liegt, auf dem bis 1987 ein Bolle-Markt stand. Dessen Reste waren seitdem ein „Schandfleck“, sagt Irgang. „Es war uns immer unangenehm, in so einer Ecke Mandanten zu empfangen.“ Durch die geplante Moschee samt Ladengeschäften und Büros erhofft sie sich eine Aufwertung der Nachbarschaft. Offensichtlich erfreut ist auch Ali Ayvas, ein Rentner, der um die Ecke wohnt. „Zu wenig Platz, zu viele Männer“, umschreibt der 61-jährige Türke das Problem der Berliner Moscheen. Sollte das neue Haus gebaut werden, würde er sich die Moschee mal angucken, sagt er. Ob es tatsächlich so weit kommt, wird von manchen Nachbarn allerdings stark bezweifelt. „Ich glaube nicht, dass die wirklich eine Baugenehmigung bekommen“, sagt eine ältere Frau, die nebenan wohnt. Es gebe schon „mehr als genug Moscheen“ im Viertel. „Noch eine Moschee stört die Atmosphäre“, findet auch Sema Akkus. Die Erzieherin ist als Alevitin zwar muslimisch, hält aber nicht viel von Moscheen. „Hier ist doch nicht die Türkei!“, sagt die 39-Jährige. „Wenn man schon in Deutschland Moscheen haben muss, dann sollten sie wenigstens nicht mitten in der City stehen, sondern am Stadtrand.“ lvt

-

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false