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Berlin: „Hier wimmelt es von jungen Talenten“

Designmai-Organisator Oliver Vogt erklärt den internationalen Erfolg der Berliner Gestalter

In Tokio gab es im Oktober eine Ausstellung über junges deutsches Design. Die meisten Produzenten kamen aus Berlin. Warum gibt es hier so viele Designer?

Die Stadt ist attraktiv, weil sie sehr viel zu bieten hat, nicht nur für Designer, sondern für Kulturschaffende generell. Berlin kann so vielfältig inspirieren. Und im Gegensatz zu anderen Metropolen ist Raum für die Entfaltung hier bezahlbar.

Wie wird Design aus Berlin international betrachtet?

Im britischen Magazin „The Independent“ stand, wenn man die „heißesten jungen Designer“ finden will, dann muss man nach Berlin gehen. Hier wimmelt es von jungen Talenten. Berlin ist auch eine Art Laboratorium für viele, die sich ausprobieren wollen. Das Berufsbild des Designers wird hier flexibler verstanden. Man kann mal Grafiker sein, mal Regisseur, mal Designer, mal Innenarchitekt.

Sind das dann also Autodidakten?

Nein, das sind gut ausgebildete Leute. Gestalter wie zum Beispiel Grafiker, die versuchen, auch mal Möbel zu machen. Oder Künstler, die plötzlich als Gestalter auftreten. Die Wege zum Design sind in Berlin relativ offen. Dadurch entstehen viele Nischen und Geschäftsmodelle.

Wie wird produziert?

Viele Leute stellen ihre Sachen selber her. Das ist typisch für Berlin. In Kreuzberg gibt es eine seltene Ansammlung von hoch spezialisierten und extrem flexiblen kleinen Manufakturen und Werkstätten, die fast alle Designideen realisieren können. Das gibt es in dieser Form sonst nirgendwo mehr in Deutschland.

Sie haben vor vier Jahren das Festival Designmai mitgegründet. Warum?

Es gab eine unzutreffende Außensicht auf die Stadt. Und es gab ein Kommunikationsbedürfnis von Seiten der Akteure in der Stadt nach außen. So ein Festival ist gut, um einerseits den Bewohnern der Stadt zu zeigen, was los ist. Andererseits zeigen wir einem internationalen Publikum, was hier passiert. Dadurch werden neue Kontakte geknüpft. Berlin ist jetzt eine wichtige Adresse in der internationalen Designszene.

Es gibt in Berlin kaum Jobs, viele machen sich selbstständig. Wird deshalb so viel neu erfunden?

Ja. Aber die meisten Designer haben auch Jobs außerhalb der Stadt. Der Designer Raphael Horzon ist ein gutes Beispiel, wie man sich als Gestalter selbst erfindet: Er betreibt einen Möbelladen, der zwar immer zu ist und auch nur ein Produkt im Angebot hat – trotzdem verkauft er gut, kann davon leben und zugleich eine Wissenschaftsakademie finanzieren.

Haben Sie eine Vision für die Stadt?

In den 20er Jahren hatte Berlin eine Vorreiterrolle, wie gelebt werden kann, war modellhaft dafür, wie Wohnungen oder Kaffeehäuser aussehen sollen. Ich kann mir vorstellen, dass Berlin auch in Zukunft wichtige Impulse geben wird, wie sich soziales Leben und Arbeiten in einem urbanen Kontext verändern kann.

Das Interview führte Christine Berger.

Oliver Vogt (39)

ist einer der Inhaber der Design-Agentur Vogt und Weizenegger und Mitinitiator des Festivals Designmai. Die nächste Schau wird am 17. Mai 2006 eröffnet.

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