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Paul Schell Hildegard Knef

© Thilo Rückeis

Hildegard-Knef-Platz: Am Südkreuz soll’s rote Rosen regnen

Am Bahnhof wird ein Platz nach Hildegard Knef benannt. Ihr Mann widmet der Diva einen Erzählabend. Nächstes Jahr wird ihr Leben verfilmt.

Über diese Ehrung hätte sich Hildegard Knef sicher gefreut. Ihr Mann Paul von Schell findet das, was da heute Nachmittag um 16 Uhr mit Reden und Musik über die Bühne geht, „eigentlich sehr schön“: Die freie Fläche vor dem Bahnhof Südkreuz wird zum Hildegard-Knef-Platz. Momentan sei der Ort zwar nicht so toll, aber „in nächster Zukunft wird er immer besser, und spätestens in zehn Jahren erkennen wir ihn nicht mehr wieder“, sagt Paul von Schell. „Hilde gibt dem Platz am Eingangstor nach Berlin ihren Namen. Sie hat früher in Schöneberg gewohnt, ist dort zur Schule gegangen. Eigentlich ist sie immer Berlinerin geblieben“.

Paul von Schell versinkt in seinem gemütlichen Wohnzimmer im Mehrfamilienhaus an einer stillen Zehlendorfer Straße in der weißen Couchlandschaft, und Hildegard Knef ist nah bei uns. Auf bunten Fotos am Bücherregal, als großes Porträt an der Wand, diesem „Blick in ihre Seele“, wie Schell es sieht. Oder im Arbeitszimmer mit einem unvollendeten Ölgemälde von 1989, auf dem sechs Männerporträts, darunter das von Jesus, den Zustand der Welt sichtlich beklagen. Der vierte Ehemann, mit dem Hildegard Knef von 1977 bis zu ihrem Tode im Jahre 2002 verheiratet war, entstammt einem österreichisch-ungarischen Adelsgeschlecht und heißt vollständig Paul Rudolf Freiherr von Schell zu Bauschlott. „Ich liebe meine Ruhe, genieße mein Privatleben, es ist fast langweilig“, sagt der 67-jährige leise. „Ich bin derjenige, der seine zweite Hälfte verloren hat, und ich muss das akzeptieren“. Er bedauert, bei der Platzbenennung heute nicht in Berlin zu sein, „die Tickets für Flug und Bahn sind lange gebucht“, es geht nach Frankreich, in die Nähe von St. Etienne, zur Schwester, und man ahnt, dass diese Reise zum Fest etwas Flüchtendes hat, denn noch immer, verrät Hildegard Knefs Manager Thomas Jost, bringt es Paul von Schell nicht übers Herz, eine CD mit der Stimme und den Liedern seiner Frau abzuspielen und anzuhören.

Dennoch „mache ich diverse Sachen, die etwas mit Hilde zu tun haben, zum Beispiel ,Die große Reise’“. Damit meint Paul von Schell seinen Knef-Abend, eine öffentliche Liebeserklärung an Hildegard. Zum letzten Dokumentarfilm aus dem Jahr 2000 plaudert er mit Thomas Jost über die vielseitige Künstlerin, erzählt 90 Minuten lang spannende, tragische und amüsante Geschichten beim Blick hinter die Kulissen, und dazu singt die Diseuse Alix Dudel Lieder der Knef, lässt rote Rosen regnen als einen von ihren 300 Titeln, von denen sie fast die Hälfte selbst geschrieben hat. Der intime Talk vereint im Publikum Alt und Jung, gute Musik verbindet Generationen, Hildegards „Sünderin“ oder ihr unvergessenes Debüt im ersten Defa-Film „Die Mörder sind unter uns“ bewegen noch immer die älteren Zuschauer. Die nächste „Große Reise“ beginnt am 28. Dezember um 20 Uhr in der Urania, Hildegard Knef würde an diesem Tag 82 Jahre alt. (Die Karten incl. Sektempfang kosten 20 und ermäßigt 18 Euro).

Dabei erzählt Paul von Schell auch von seinen weiteren Aktivitäten in Sachen Hilde: Er autorisiert eine neue, die fünfte Knef-Biografie, und er wartet gespannt auf das Drehbuch für den Film über seine Frau, die dann von Heike Makatsch gespielt wird. Es ist kompliziert, dieses dramatische Leben einer Schauspielerin, Schriftstellerin und Sängerin mit all seinen Höhen, Tiefen und Schauplätzen in einem Film zu zeigen, eigentlich sind das vier Filme. Doch im April beginnt der Dreh, unweigerlich.

Und dann ist sie eines Tages wieder da mit der rauchigen Stimme, die Diva, in der ihr Freund Willy Brandt die Botschafterin Berlins gesehen hatte: Das Gesicht dieser Stadt hat noch immer Sommersprossen, und wir lieben alle, die daraus ihre Lieder machen.

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