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Wohin mit ihnen? Flüchtlinge bei der Ankunft in Berlin. Es wird immer schwieriger, für ihre Heime Betreiber zu finden.

© dpa

Hilfe für Flüchtlinge in Berlin: Heimbetreiber verzweifelt gesucht

Es gibt immer mehr Heime für Asylbewerber in Berlin. Aber der Markt für Träger neuer Einrichtungen und Sozialarbeiter ist fast leergefegt.

Sie stehen immer noch da, jede Woche einmal, 200 Meter vom Eingang entfernt, mit finsteren Gesichtern und dem Transparent „Köpenicker Widerstand“. 50 Demonstranten gegen das Flüchtlingsheim in Köpenick, Alfred-Randt-Straße. Ein Ritual. Früher waren es mehrere Hundert, sie bildeten Lichterketten, sie sahen bedrohlich aus.

„Wir haben es in harter Arbeit geschafft, bei der Bevölkerung Verständnis für die Situation der Flüchtlinge zu wecken“, sagt Peter Hermanns, der Leiter des Heims. „Diese Toleranz zu erzeugen, ist eine meiner Hauptaufgabe, aber das schaffe ich nur, wenn ich mich ansonsten auf gute Mitarbeiter verlassen kann.“

Aber um die zu finden, braucht man Zeit. Und genügend Bewerber. Beides ist im Moment kaum vorhanden. Das ist das größte Problem bei dem Strom der Flüchtlinge. Bis zu 1000 am Tag kommen zur Zeit. Unterkünfte zu finden, ist ja schon ein Problem. „Aber diese Heime müssen ja auch betrieben werden“, sagt Regina Kneiding, Sprecherin des Gesundheits-Senats. „Und es wird zunehmend schwieriger Betreiber zu finden. Die benötigen ja auch entsprechendes Personal.“ Auch Sozialsenator Mario Czaja (CDU) klingt schon fast flehentlich: „In ganz Deutschland werden Sozialarbeiter für die Heime gesucht. Aber der Markt ist leer gefegt.“

Zu wenig Personal

Mehr als 70 Heime gibt es derzeit in Berlin, weitere Turnhallen werden wohl in Kürze belegt, für jede neue Unterkunft ist ein Betreiber nötig, der wiederum Sozialarbeiter, Dolmetscher, Sicherheitsleute, Caterer benötigt. Die Situation spitzt sich zu, täglich kommen Hunderte Flüchtlinge. „Im Moment geht es noch mit den Betreibern“, sagt Kneiding, „aber die sind an der Grenze ihre Möglichkeiten.“

Das Deutsche Rote Kreuz Berlin zum Beispiel. Das DRK betreibt die Heime in Karlshorst (1000 Plätze) und in der Storkower Straße (27).

„Wir sind mit allen Kräften gebunden“, sagt DRK-Sprecher Rüdiger Kunz. Kurzfristig ein weiteres Heim betreuen? Keine Chance. „Wir müssen uns ja intensiv um die Menschen kümmern. Da geht es ja um nachhaltige Betreuung und Integration.“ Zwei, drei Wochen lang, für den Anfang zumindest, könnten Heime natürlich auch von Katastrophenschutz-Einheiten betrieben werden, sagt Kunz. Doch dann muss ein klassischer Betreiber übernehmen. „Und der benötigt ein Finanzierungskonzept und Personal.“

Für 700 Flüchtlinge sechs Sozialarbeiter

Und Zeit. „Wir bräuchten vier bis fünf Wochen, bis wir ein solches Heim betreiben könnten, das ist aber schon sehr ambitioniert“, sagt Heimleiter Hermanns. „Das ginge aber nur, wenn das Heim bezugsfertig ist.“ Betreiber des Heims in der Alfred-Randt-Straße ist der Internationale Bund. Hermanns hat für 700 Flüchtlinge sechs Sozialarbeiter, zwei Erzieher, zwei Verwaltungskräfte, zwei Hausmeister und vier Sicherheitsleute. „Wir schauen uns die Leute ja genau an“, sagt er.

Angelerntes Personal, das hektisch verpflichtet wurde, könnte er sich gar nicht leisten. Sein Klientel sind schließlich traumatisierte Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Oder schulpflichtige Kinder. Oder psychisch kranke Menschen. Um diese professionell zu betreuen, benötige er erstmal Bewerber, die er verpflichten könnte. Und im Moment gibt es schlicht zu wenige.

Es gibt viele Initiativbewerbungen

Eine Ausnahme in der Misere gibt es immerhin, die AWO Mitte. Die betreibt elf Standorte, hat dort mehr als 200 Mitarbeiter und besitzt noch Kapazitäten. „Wir haben dem Land mitgeteilt, dass wir als Betreiber zur Verfügung stehen“, sagt Geschäftsführer Manfred Nowak. Allerdings benötige auch die AWO einen zeitlichen Vorlauf. „Wenn wir den Alltag schnell organisieren können, genügt uns eine Woche.“ Wenn es aber um eine Turnhalle gehe, „dauert es natürlich länger“.

Eine Woche? Klingt beeindruckend. Ja, sagt Nowak, aber das geht nur, weil die AWO Mitte nicht erst Personal suchen muss. „Wir haben ständig Initiativbewerbungen, auch von Sozialarbeitern. „Wir müssen nicht erst Ausschreibungen organisieren.“ Aber erstmal hilft die AWO auf andere Weise. Sie hat dem Land gerade 200 Betten aus ihrer Reserve zur Verfügung gestellt. „Die“, sagt Nowak, „können auch andere Betreiber nützen.“

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