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Berlin: Hilflos am Türgriff

Andreas Conrad über den Witz der Medizin Kennen Sie den? Kommt ein Patient zum Arzt, will sich beschweren.

Andreas Conrad über

den Witz der Medizin

Kennen Sie den? Kommt ein Patient zum Arzt, will sich beschweren. Er habe doch diese Pillen zur Muskelstärkung bekommen. Ja, was denn damit sei? „Ich kriege die Dose nicht auf.“ Ein etwas ranziger Witz, überhaupt nicht zeitgemäß. In diesen Tagen dürfte es eher so ablaufen, dass der frustrierte Patient nicht mal die Tür zur Praxis aufbekommt. Er mag Sturm klingeln, sich an den Türgriff hängen, betteln, klagen – die Tür bleibt zu. Von unverwüstlicher Frische erweist sich dagegen die Lieblingsgeschichte aller Dentisten, Wilhelm Buschs „Der hohle Zahn“: „Zuletzt fällt ihm der Doktor ein. / Er klopft. – Der Doktor ruft: ,Herein!‘“ Das galt bei Busch, es gilt noch immer: Zahnärzte gewähren selbst in Zeiten des Zorns unbeschränkt Zugang zu den Bohrern. Daran tun sie gut, ist doch ihr Berufsstand mit hartnäckigen Urängsten potenzieller Patienten belastet. Eine geschlossene Praxis nutzen sie gerne als Ausrede, den Bohrtermin zu verschieben. Doch auch die Boykottpläne der anderen Mediziner zeugen von taktischem Biss: Allerorten steht das Grippevirus vor den Türen ihrer Kunden. Nicht zu öffnen, hilft da gar nicht.

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