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Berlin: Hitler: „Ich bin in vollem Besitz meiner Handlungsfreiheit“

„Montag, 23. April 1945, 9 Uhr früh.

„Montag, 23. April 1945, 9 Uhr früh. Verblüffend ruhige Nacht, kaum Flak. Ein neuer Kellerbürger kreuzte auf, der Mann der ausgebombten Frau aus Adlershof, die hier bei ihrer Mutter unterkroch. Der Mann kam in Uniform und klammheimlich, trug eine Stunde später Räuberzivil. Wieso? Keiner spricht davon, keiner schenkt ihm Beachtung. Abgebrühter Frontsoldat, wirkt noch ziemlich kräftig, ist uns herzlich willkommen. Desertion erscheint plötzlich als selbstverständlich, ja geradezu als erfreulich.“

(Aus: „Anonyma. Eine Frau in Berlin“. EichbornVerlag 2002)

Erinnerungen eines Schülers: „Der Montag begann mit einem wahren Trommelfeuer, mit dem die Russen die Gegend unsicher machten. (…) Lange dauerte es jedoch nicht, da wurde von der SS ein Gegenstoß gemacht, und die Russen mußten wieder (…) zurück. Ein Tag verging, die Luft im Keller wurde unerträglich, doch draußen durfte man sich nicht sehen lassen, denn die SS suchte Dumme, die eine verlorene Schlacht verlängern halfen. (…) Die SS ließ keine Ruhe. Einige von ihnen krochen auf den Dächern umher, um von dort aus eigene Leute und Russen zu erschießen.“

(Schulaufsatz an der Schinkel-Oberschule, Prenzlauer Berg, vom Januar 1946. Aus dem Stadtarchiv Berlin)

Erinnerung eines Hitlerjungen: „Rechts liegt ein großer Platz, gesäumt von Fassaden ausgebrannter Häuser. An einem Straßenpfahl stehen zwei SA-Männer in Uniform. Ein Zivilist hängt gefesselt an einem Pfahl. Um seinen Hals laufen rote elektrische Kabel, die tief in das Fleisch eingeschnitten haben. Das Gesicht ist blau. Die Augen hängen tief in ihren Höhlen. Um seinen Hals hängt ein weißes Schild aus Pappe. Mit roter Schrift steht darauf in zittrigen Zügen: ,Ich, Otto Meyer, war zu feige, für Frau und Kind zu kämpfen. Deshalb hänge ich hier. Ich bin ein Schweinehund.’ (…) Die SA-Männer lachen und rauchen. Leise schwankt der Tote im Wind.“

(Aus „Zerstört, besiegt, befreit. Der Kampf um Berlin bis 1945, Herausgegeben vom Pädagogischen Zentrum Berlin 1985)

Telegramm Görings: „Mein Führer! Sind Sie einverstanden, daß ich nach Ihrem Entschluß, in der Festung Berlin zu verbleiben, gemäß Ihres Erlasses vom 29.6.1941 als Ihr Stellvertreter sofort die Gesamtführung des Reiches übernehme mit voller Handlungsfreiheit nach innen und außen?“

Antwort Hitlers: „Der Führererlaß vom 29.6.1941 ist hiermit für ungültig erklärt. Ihr Verhalten und Ihre Maßnahmen sind ein Verrat an meiner Person und der nationalsozialistischen Sache. Ich bin in vollem Besitz meiner Handlungsfreiheit und verbiete jede weitere Maßnahme.“

(Zitiert nach: „Hitler. Reden und Proklamationen 1932-1945“, Süddeutscher Verlag, München)

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