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Berlin: Hitze in Tegel: Gefangener lag tot in Zelle

Häftlinge klagen über unmenschliche Bedingungen und Temperaturen von über 40 Grad

Ein 35-jähriger Gefangener ist am Montag früh tot in seiner Zelle gefunden worden – nach Aussagen seiner Mitgefangenen soll er Opfer der drückenden Hitze sein, die das Leben in vielen Zellen in Tegel derzeit unerträglich mache. Alper K. hatte seine Zelle auf der Südseite von Haus 3, und dort ganz oben unterm Dach. Zwei Gefangene informierten gestern unabhängig voneinander den Tagesspiegel, dass die Temperaturen in Tegel kaum auszuhalten seien. „Deutlich über 40 Grad“ sei es in Räumen, in die tagsüber die Sonne scheine. Ein Gefangener hatte bereits in der vergangenen Woche den Grünen mitgeteilt, dass er in seiner Zelle 46 Grad gemessen habe. „Absolut unmenschlich“, beschrieb ein anderer Gefangener die Situation in Haus 3. Die Fenster ließen sich zwar öffnen, jedoch sei kein Durchzug möglich, da die Türen keine Essensklappen hätten. In den Zellen stehe die Luft geradezu. Zudem seien die Duschen am Tage verschlossen, so dass keine Abkühlung möglich sei.

Alper K. sei ein kerngesunder Mann gewesen, nicht übergewichtig und erst 35 Jahre alt, berichteten Mitgefangene. Er wurde gestern früh beim Aufschluss um 6.36 Uhr gefunden, die Wärter hätten noch versucht, den Gefangenen mit einem Defibrillator wiederzubeleben – vergeblich. Die Justiz bestätigte den Todesfall, es habe aber „keine Anhaltspunkte für ein gesundheitliches Problem durch Hitze“ gegeben. Die Todesursache solle eine Obduktion klären, sagte eine Justizsprecherin. Anzeichen für einen Selbstmord oder Fremdverschulden gebe es nicht. Die Sprecherin sagte, dass wegen der Hitze am Wochenende die Aufschlusszeiten verlängert worden seien, damit die Zellen länger lüften konnten.

Der grüne Abgeordnete Volker Ratzmann war erst vor wenigen Tagen zu Besuch in Tegel gewesen. „Die alten Gemäuer heizen sich richtig auf“, sagte Ratzmann, „da brennt die Luft“. Schuld sei vor allem der Personalmangel. Denn dadurch würden Gefangene fast den ganzen Tag in ihrer Zelle weggeschlossen. Könnten sich die Männer auf den Fluren bewegen, hätten sie Zugang zum Kühlschrank und würden gegenseitig auf sich achten. Ein anderer Gefangener: „Bei der Hitze alleine in der Zelle sitzen, geht auf den Kreislauf.“

Alper K. war im August 2004 wegen Rauschgifthandels verurteilt worden, das Gericht hatte damals von über 50 Kilogramm Haschisch und Marihuana gesprochen. Nach Angaben der Justiz war K. zudem wegen Vergewaltigung verurteilt worden, Haftende wäre erst im April 2011 gewesen. Drogen soll Alper K. nicht genommen haben, er saß in einer so genannten drogenarmen Station.

In diesem Jahr gibt es eine regelrechte Welle von Todesfällen in Gefängnissen. 14 Gefangene starben in den ersten sieben Monaten, 2005 waren es im ganzen Jahr 16, in den Jahren 2002 bis 2004 jeweils nur elf. Gefangene machen die schlechteren Haftbedingungen für den deutlichen Anstieg verantwortlich. Die Haftbedingungen waren in diesem Jahr bereits Thema von zwei Anfragen im Parlament, von den Grünen und der PDS. In den Antworten von Justizsenatorin Schubert heißt es, dass die Haupttodesursachen von Gefangenen Suizide und Herz-Kreislauf-Erkrankungen seien.

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