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© dpa

Hitzewelle: Heiß genug für eine Siesta?

37, 6 Grad Celsius - eine Stadt im Sommer-Fieber. Und der SPD-Bundestagsabgeordnete Klaus Uwe Benneter fordert Hitzefrei für alle.

Die Flip-Flops schlurfen leise auf dem heißen Asphalt, von den Brunnen wehen leise Schreie herüber, sobald kaltes Wasser über die warme Haut rinnt. Aber ansonsten – Stille. So klingt der Sommer in Berlin. Wer nicht in die Hitze muss, bleibt zu Hause, wer nicht zu Hause bleiben kann, macht es sich so angenehm wie möglich. Der Deutsche Dom auf dem Gendarmenmarkt bietet genug Schatten für die Mittagspause. Eine Gruppe Anwälte hat sich aus dem klimatisierten Büro getraut und sich auf eine Mauer gesetzt. „Man sollte den Sommer genießen, solange er da ist“, findet Johannes Junker. Wie alle seine Kollegen muss er Krawatte tragen. Die Frauen haben es mit ihren aufgeknöpften Blusen etwas luftiger.

Angesichts der Belastung für Arbeitnehmer hat die Politik die Hitze bereits zum Thema gemacht. Klaus Uwe Benneter, Justitiar der SPD-Bundestagsfraktion, fordert angesichts des Klimas Hitzefrei für Arbeitnehmer. „Sollten wir hier weiterhin mediterrane Temparaturen haben, wären auch lange Mittagspausen wie in Spanien angebracht“, sagte der Arbeitsrechtsexperte. Gegen eine „Siesta“ – drei Stunden Pause über die Mittagszeit wie in Spanien – hätten auch die drei Arbeiter, die auf der Baustelle an der Staatsbibliothek in der prallen Sonne schwitzen, bestimmt nichts einzuwenden. „Wir müssen arbeiten wie im Winter, nur schneller und länger“, beschwert sich einer von ihnen sarkastisch.

Abkühlung gibt es für die Arbeiter nicht. Da hat es die 17-jährige Frieda mit ihrem Besuch aus Bordeaux besser: Trotz der Hitze sehen sie sich die Stadt an. „Im Freibad ist es eh zu voll“, findet Frieda. Ihre Tour unterbrechen sie bei den Springbrunnen vor dem Paul-Löbe-Haus. Die drei Mädchen haben an alles gedacht und sich vorsorglich einen Bikini drunter gezogen.

Diese Temperaturen stellen eine große Belastung für den Körper dar. „Eine große Gefahr bei hohen Temperaturen ist der Flüssigkeitsverlust durch vermehrtes Schwitzen“, sagte Hanns-Christian Gunga, Experte für Hitzebelastungen an der Freien Universität. Dadurch nimmt das Blutvolumen ab, der Blutdruck sinkt, das Herz versucht dies auszugleichen, indem es schneller schlägt. So kann dauerhafte Hitze das Risiko für Herzinfarkte insbesondere bei älteren Menschen erhöhen, warnen Mediziner. „Bei Hitze sind täglich bis zu vier Liter Flüssigkeit empfehlenswert“, sagt Gunga. Der Mediziner empfiehlt, sich täglich zu wiegen, um einen möglichen Gewichtsverlust durch ausreichend Wasser wieder auszugleichen. Vorsicht sei außerdem geboten, wenn man wegen der regnerischen Tage in der vergangenen Woche erkältet ist. „Zuviel UV-Strahlen können das Immunsystem weiter schwächen“, sagt Gunga.

Den fünf Beachvolleyballspielern am Bundespressestrand ist die extreme Hitze kein Hindernis. Nicht einmal der Kollaps von Eric Koreng beim Beachvolleyball-Grand Slam vor dem Hauptbahnhof am Sonntag nehmen die Studenten als warnendes Beispiel. „Wir trinken ganz viel. Und wenn einer Sterne sieht, sollte er sich schleunigst hinsetzen“, sagte Sozialpädagogik-Student Jonas.

Die Gesundheit der Berliner beschäftigt bei der Hitze viele Berufsgruppen. Fast 500 Rettungschwimmer der Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) waren am Wochenende an den Berliner Gewässern im Einsatz. DLRG-Sprecher Frank Villmow fordert trotz großer Hitze Badegäste auf, nicht in unbekannte Gewässer zu springen. „Wir hatten wieder eine Menge Schnittwunden zu versorgen“, sagte Villmow.

Vorsicht ist auch beim Einkaufen geboten. „Wenn man länger unterwegs ist, sollte man eine Kühltasche dabei haben“, empfiehlt eine Verkäuferin der Fleischerei Staroske in der Potsdamer Straße. Grillwaren gehen derzeit gut über die Ladentheke, alles andere wird bei der Hitze eher zum Ladenhüter. „Wer stellt sich da noch hin und schmort eine halbe Stunde?“, fragt die Verkäuferin rhetorisch.

Wegen des feuchten Wetters der vergangenen Wochen und der derzeitige Hitze haben sich inbesonde Mücken vermehren können. Man müsse mit einer regelrechten Plage rechnen, warnen Insektenforscher. Besonders in den ersten Tagen dieser Mückensaison könnten Stiche allergische Reaktionen wie anhaltendes Jucken hervorrufen. „Das nimmt aber im Laufe der nächsten Wochen wieder ab“, sagt Torsten Zuberbier vom Allergie-Centrum der Charité. Die extremen Temperaturen belasten auch die Tiere im Zoologischen Gartens und dem Tierpark. Selbst afrikanische Löwen liegen nicht in der prallen Sonne, sondern suchen Schatten, um Energie zu sparen. Bei arktischen Pinguinen muss aber der Mensch nachhelfen: Sie sind derzeit in einem gläsernen Käfig unterbracht, in dem wie in einem Kühlschrank zwischen vier und acht Grad Celsius herrschen.

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