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Berlin: Hoch über Steglitz weht der Asbest aus allen Ritzen

Bezirk fordert Totalsanierung für 50 Millionen Euro und braucht Finanzhilfe vom Land

Wegen der Asbestbelastung muss das Hochhaus des Steglitzer Kreisels nach Ansicht des Bezirksamtes totalsaniert werden – etagenweise und bei laufendem Betrieb. Die Sanierungskosten könnten niedriger ausfallen als bisher angenommen und voraussichtlich bei 50 bis 55 Millionen Euro liegen, sagte gestern der Bezirksbürgermeister von Steglitz-Zehlendorf, Herbert Weber (CDU). Der Bezirk aber könne die Situation nicht mehr bewältigen, das Land müsse helfen.

Heute wird sich der Bauausschuss des Abgeordnetenhaues mit dem Sanierungsfall Kreisel beschäftigen. Parlamentarier wie der CDU-Abgeordnete Karl-Georg Wellmann plädieren schon für einen Abriss des 130 Meter hohen und skandalträchtigen Bauwerks an der Schlossstraße. Bezirksbürgermeister Weber hatte Ausschussmitglieder gestern in den Rathausbau geladen, um ihnen diverse Schäden im Kreisel-Hochhaus zu zeigen. Die Asbestbelastung für die rund 800 Beschäftigten sei nicht gefährlich, hieß es. Der Personalrat hatte sich an den Petitionsausschuss gewandt, um die Sanierung anzumahnen.

Der Bezirk sei geradezu verpflichtet, Asbest zu beseitigen, betonten Weber und Baustadtrat Uwe Stäglin (SPD), auch wenn die Belastung unter der Nachweisgrenze von 100 Fasern pro Kubikmeter liege, ein Wert unter 1000 noch zulässig sei. Vor zwölf Jahren habe der Bezirk 96 von etwa 700 Büroräumen saniert, vier Jahre später habe man weitere 13 Schadensstellen registriert und vor zwei Jahren sei man bei einer Qualitätsprüfung der Fassade von 88 Fundstellen „überrascht“ worden. Insgesamt habe der Bezirk bisher einschließlich der Untersuchungen für die Sanierung 2,4 Millionen Euro ausgegeben. Nun zeige sich aber, dass vor allem die Fassade ein teurer Schwachpunkt sei.

Zwischen den Fensterreihen des Hochhauses lauern nach Ansicht des Bezirks Gefahren hinter den dunklen Fassaden-Glasflächen: Im Raum 1717 im 17. Stock präsentierten Weber und Stäglin eine wegen Wasserschäden geöffnete Decke. Dahinter war als Dämmmaterial verbaute und aufgeweichte Asbestpappe zu sehen. Weil die Fassade undicht ist, kommt auch wegen des heftigen Windes Wasser ins Haus, weicht die Asbestpappen hinter den Brüstungselementen auf. Im vierten Stock lag Asbestmaterial hinter Klimageräten, bei Auflösung feucht gewordner Platten könnten ebenfalls Fasern in die Raumluft gelangen. „Die Dichte der Fassade ist das Problem“, sagte der Baustadtrat. Der CDU-Abgeordnete Fritz Niedergesäß zeigte sich wenig beeindruckt: „Dann macht die Fassade doch dicht!“ Dazu sei die Fassade aber nicht geeignet, hieß es. Vom Parlament verlangt der Bezirk nun eine „Richtungsentscheidung“. Eine Studie sollte klären, ob die Sanierung bei laufendem Betrieb wirtschaftlich ist. Ein Neubau an anderer Stelle könnte zwar mit mindestens 30 Millionen Euro kostengünstiger sein, setzte aber eine verkehrsgünstige Lage voraus, zumal im Kreisel alle bürgernahen Verwaltungsstellen konzentriert seien. Standortalternativen wie das ehemalige BVG-Straßenbahndepot am Hindenburgdamm, die ehemaligen McNair-Barracks der US-Streitkräfte oder das frühere Oskar-Helene-Heim seien als ungeeignet verworfen worden. Für den Verkauf des Kreisel-Geländes ist die Zustimmung der Firma Becker & Kries nötig, der die flache Bebauung des Kreisels gehört. Das Unternehmen hat Millionen in die Sanierung gesteckt.

Für den Abgeordneten Karl-Georg-Wellmann ist der Kreisel „völlig marode und bauphysikalisch furchtbar“. Eine Sanierung mit jeweils drei gesperrten Etagen sei unmöglich. Man solle das Hochhaus an einen Bauträger verschenken, der es asbestsanieren und dann abreißen lönne. Dafür müsse er andernorts ein Rathaus bauen. Am Kreisel-Areal seien Investoren interessiert, die an städtbaulich ansprechenden Lösungen arbeiteten.

Christian van Lessen

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