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Berlin: Hochschulmedizin: Zwei "lahme Unikliniken"?

Eine Expertenkommission soll es nun richten und die Zukunft der Berliner Hochschulmedizin klären. Davon hängt nicht nur die Zukunft des Universitätsklinikums Benjamin Franklin (UKBF) ab, sondern auch die der Charité.

Eine Expertenkommission soll es nun richten und die Zukunft der Berliner Hochschulmedizin klären. Davon hängt nicht nur die Zukunft des Universitätsklinikums Benjamin Franklin (UKBF) ab, sondern auch die der Charité. Dort herrscht unter den Hochschulmedizinern inzwischen ebenfalls angespannte Stimmung. Manfred Dietel, der Ärztliche Direktor der Charité, hält bereits die Vorgabe der Kommission für falsch, 98 Millionen Euro einzusparen: "Wenn es bei der Entscheidung bleibt, hinterlässt sie einen großen Flurschaden sowohl für die Hochschulmedizin als auch für die biotechnologisch ausgelegte Industrie". Die Situation habe sich im Vergleich zum ursprünglichen Koalitionsbeschluss, nämlich der Abwicklung des Franklin-Klinikums, nicht wesentlich geändert. In jedem Fall müsste die Charité zusätzliche Studenten oder Forschungskapazitäten aufnehmen. Die Entscheidung, jetzt ein externes Gremium einzusetzen, sei nur eine Modifizierung des bereits gefällten Beschlusses. "Was im Einzeln dabei herauskommen wird, wage ich nicht zu prognostizieren", sagt Dietel. Und doch äußert er die Sorge, dass am Ende des Prozesses "zwei lahme Unikliniken" übrig bleiben.

Auch Bernhard Motzkus, der leitende Verwaltungsdirektor der Charité, ist "sehr gespannt" auf die Ergebnisse der Kommission, auch wenn diese seiner Ansicht nach nur einen kleinen Teil des finanziellen Problems lösen kann. Motzkus sieht weitere Risiken beispielsweise in dem neuen Honorarsystem "DRG", das ab 2003 für alle bundesdeutschen Krankenhäuser gelten soll. Zwar ist dieses Vergütungssystem soeben im Bundesrat abgelehnt worden, doch Motzkus erwartet, dass es mit einigen Nachbesserungen bald verabschiedet wird. Das Einheitspreissystem regelt mittels so genannter Fallpauschalen rund 600 Krankheitsbilder, deren Behandlung einheitlich bezahlt werden sollen. Die Uniklinken, in denen hauptsächlich "multimorbide" Patienten mit komplizierteren Krankheitsbildern liegen, sehen sich dadurch benachteiligt. Zudem führen die Fallpauschalen zu einem Bettenabbau. "Wenn wir die Bettenkapazitäten behalten, führt das zu einer Auslastung von nur noch 60 Prozent", befürchtet Motzkus, der auch Mitglied des Vorstandes der Berliner Krankenhaus-Gesellschaft ist.

Als drittes Problem nennt Motzkus die Investitionskosten. Nach seinen Schätzungen liegt der Investitionsbedarf bei allen Universitätskliniken in Berlin bei rund 800 Millionen Mark für die kommenden fünf Jahre. "Diese Aspekte habe ich in einem Gespräch bereits dem neuen Wissenschaftssenator Flierl mitgeteilt", sagt er.

Bisher ist es noch ruhig an der Charité, man warte ab, sagt Manfred Dietel. Doch er ist sich sicher: "Wenn es fundamentale Einschnitte gibt, dann wird auch bei uns der Protest losgehen."

hg

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