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Das Hochwasser hat jetzt auch den Spreewald erreicht. Wer an diesem Wochenende Kahnfahren will, sollte zuvor den Veranstalter anrufen. Offiziell sind die Wasserwege gesperrt, doch die Kahn- und Fährleute überlegen noch, ob sie das Verbot befolgen.

© Weisflog

Update

Hochwasser in Brandenburg: Fahrverbot für Kähne im Spreewald

Die Situation im  Spreewald ist weiter angespannt. Seit dem Morgen dürfen die Wasserwege nicht mehr befahren werden. Unterdessen sinken zwar die Pegelstände an der Schwarzen Eltster. Aber es hat wieder begonnen, zu regnen. Und Mühlberg ähnelt einer Geisterstadt.

Von Sandra Dassler

In den drei Landkreisen Dahme-Spreewald, Spree-Neiße und Oberspreewald-Lausitz sind seit dem Morgen alle Wasserwege gesperrt. Einige kleinere Unternehmen wollen trotzdem fahren, Kontrollen gibt es bislang keine. Die größeren Genossenschaften allerdings halten sich an das Verbot und wollen bei den zuständigen Landräten Ausnahmen erreichen, zumindest in den Gegenden, wo ihrer Ansicht nach gefahrlos gefahren werden kann. Dazu zählen Burg im Oberspreewald, Lübbenau und Raddusch. "Dort ist das Wasser nicht höher als am Freitag", sagt ein Fährmann. Allerdings sollen die Ausnahmen nur für die Kähne gelten, nicht für Paddelboote und Kanus.

Unterdessen sind auch immer mehr Rad- und Wanderwege auf den Deichen gesperrt. Das gilt beispielsweise für die komplette Strecke zwischen dem Spreewald und Cottbus.

Unterdessen sanken an der Schwarzen Elster bereits die Pegelstände. In Liebenwerda herrschte am Samstagmittag nur noch Alarmstufe 2. Allerdings gab es wieder erhebliche Regenschauer und Gewitter. Auch über Mühlberg hingen dunkle Wolken. Die Stadt an der Elbe ähnelte nach der Evakuierung inzwischen einer Geisterstadt. Innenminister Dietmar Woidke (SPD) war schon am Vormittag im Ort, um sich ein Bild von der Lage zu machen. Am Nachmittag wurde auch Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) dort erwartet.

Verunsichert wegen der Situation im Spreewald sind etliche Touristen schon seit einigen Tagen. Am Freitagmorgen etwa erhielt ein Kahnfährmann in Burg den ersten Anruf bereits um 5.30 Uhr,. „Ein Mann wollte wissen, ob das Hochwasser im Spreewald auch am 27. September noch da ist – da stand mir selbst das Wasser in den Augen.“ Zum Glück hätten sich die nächsten 41 Anrufe allein bis acht Uhr nur auf den gestrigen Freitag und das bevorstehende Wochenende bezogen, erzählt der Fährmann weiter: „Aber ist ja immer noch besser, die Leute rufen an, als wenn sie blind auf bestimmte Medien vertrauen.“

Seit Freitagmorgen sei verbreitet worden, dass wegen des Hochwassers der Spree die Kahnfahrt im Spreewald eingestellt wurde, ärgert sich auch Wolfgang Richter. „Natürlich fahren die Kähne noch!“ Nur spreeaufwärts würden manche Fährleute dann den Motor einschalten, um gegen die starke Strömung anzukommen. „Ich schaffe das auch ohne Motor, nur mit dem Rudel“, sagt Richter stolz. Seine Frau betreibt seit fast 13 Jahren die Gaststätte „Hafeneck“, vor der auch an diesem Freitagmittag die Kähne mit den Touristen ablegen. „Nur Paddelboote verleihen wir nicht, weil die meisten zwar die Spree hinunterkämen, aber nicht mehr zurück.“

Burg ist einer der ersten größeren Orte im Spreewald, den die Hochwasserwelle erreicht, nachdem die Talsperren in Bautzen und Spremberg mehr Wasser abgeben (müssen) als je zuvor. Doch die Fluten erreichen die einzigartige Lagunenlandschaft glücklicherweise nicht direkt: Es gibt jede Menge Kanäle, Umflutungsstrecken, Rückhaltebecken und Überflutungsflächen. Deshalb ist die Situation auch überall anders. Während in Burg fast normaler Betrieb möglich ist, liegt der Hafen von Alt-Zauche völlig verlassen. Der Ort liegt am sogenannten Nordumfluter, der momentan das meiste Wasser durch den Spreewald leitet.

Am Freitagnachmittag spricht sich unter den Fährleuten herum, dass die Landräte der Kreise Dahme-Spreewald , Spree-Neiße und Oberspreewald-Lausitz gemeinsam mit dem Land die totale Sperrung aller Wasserwege im Spreewald angeordnet haben. Die Fährleute, die im großen Hafen von Lübben auf Touristen warten, können das nicht verstehen. „Wir wissen selbst, wann wir nicht mehr fahren können“, sagt Steffen Lehmann: „Ein Verbot macht Sinn für Paddler und Kanuten, die sich nicht auskennen und die Gefahren nicht einschätzen können.“ Sein Kollege setzt grimmig hinzu: „Jetzt haben wir endlich mal schönes Wetter – und nun das.“

Und während auch die Fährleute in Lübbenau mit ihrem Schicksal und den politisch Verantwortlichen hadern und noch nicht wissen, ob sie das Verbot befolgen, plagen Umweltschützer noch ganz andere Sorgen. So warnt das Aktionsbündnis „Klare Spree“ seit längerem vor der zunehmenden Belastung des Spreewaldes mit Eisenhydroxid durch die Braunkohletagebaue. Bekannt wurde das Phänomen unter dem Stichwort „braune Spree“. Das Eisenhydroxid lagert sich am Gewässerboden ab, wo es jedes pflanzliche Leben erstickt und damit vielen Tieren die Lebensgrundlage entzieht.

Aus der Hauptspree kam bislang nach Meinung von Experten kaum Eisenhydroxid in den Spreewald, weil es sich in der Talsperre Spremberg absetzte. Jetzt befürchten Umweltschützer, dass durch die hohen Fließgeschwindigkeiten alles mitgerissen wird. „Wenn es aber erst mal im Spreewald ist, wird es sich dort überall absetzen“, sagt die Sprecherin des Aktionsbündnisses Jana Eitner.

Zwar habe die Landesregierung nach Intervention der Umweltschützer ein Sofortprogramm in Höhe von neun Millionen Euro beschlossen, mit der Hochwasserkatastrophe sei aber der schlimmste aller Fälle eingetreten. Die Umweltschützer ärgert am meisten, dass ein verantwortlicher Mitarbeiter im brandenburgischen Landesumweltamt beim Öffnen der Talsperre Spremberg gesagt haben soll, auf das Eisenhydroxid könne man jetzt keine Rücksicht mehr nehmen.

Die meisten Touristen, die auch gestern im Spreewald unterwegs waren, störte weder das Hochwasser noch die Braunfärbung. „Wir finden die Landschaft hier einmalig schön“, sagte Manfred Schinz, der mit einer Radlergruppe aus Düsseldorf unterwegs war. „Nur dass die Radwege auf den Spreedeichen jetzt teilweise gesperrt sind, ist schade.“

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