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Von Tragweite. 1954 trugen Arbeiter kistenweise Lesestoff in die damalige Amerika-Gedenkbibliothek – die Eröffnung stand bevor. Foto: p-a/akg-images

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Berlin: Höchstens Untermieter

Bezirk will Kreuzberger Gedenkbibliothek nicht haben. Offene Fragen gibt es auch beim Pendant in Mitte

Eine Riesenstadtbibliothek auf dem Tempelhofer Feld, und im Gegenzug viel Platz für Kultur in der Amerika-Gedenkbibliothek (AGB) am Blücherplatz in Kreuzberg. Wenn der Plan von Schwarz-Rot aufgeht, könnte das 2016 Realität werden. Der Bezirksbürgermeister von Friedrichshain-Kreuzberg, Franz Schulz (Bündnis 90/Grüne), hat aber Bedenken. Eine Nutzung unter der Regie des Bezirks hält er unter jetzigen Bedingungen für nicht sinnvoll. Denn die Übernahme der Bibliothek durch Friedrichshain-Kreuzberg wäre viel zu teuer. Am liebsten wäre ihm eine gesamtstädtische Nutzung unter der Regie des Senats. „Der Bezirk würde dann nur Teile der Räume mieten“, sagt Schulz. Und zuletzt sei da die Frage, was überhaupt hinein soll in die Gedenkbibliothek, wenn die Bücher weg sind. Kommt die neue Landesbibliothek, auf die sich SPD und CDU jetzt in den Koalitionsverhandlungen geeinigt haben, gehen im Jahr 2016 3,4 Millionen Bücher, Zeitschriften und CDs auf die Reise an den neuen Standort. „Der Lesesaal käme möglicherweise als Konzertraum infrage“, sagt Schulz. „Aber will sich Berlin noch mehr davon leisten?“

Für die Gebäude der Berliner Stadtbibliothek in der Breiten Straße 30-36 in Mitte sei ein Verkauf durchaus denkbar, sagt Generaldirektorin Claudia Lux. Sie ist froh über das Bekenntnis der Koalitionäre zum neuen Haus auf dem Flugfeld, zur „Metropolenbibliothek“. Teile der Gebäude in Mitte seien als Pferdestall konzipiert gewesen und genügten nicht den Anforderungen an eine moderne Bibliothek. Zu kleinteilig, lautet ihr Urteil.

Und auch die Vergrößerung der bestehenden Bibliotheken sei nicht die Lösung. Anfang der neunziger Jahre war sie schon einmal geplant gewesen. 1992 hatte man das Anbauprojekt zur Vergrößerung der Amerika-Gedenkbibliothek aber gestrichen. Heute ist Lux froh darüber. Es hätte nicht ausgereicht, um die aus allen Nähten platzende AGB zur Zentralbibliothek zu machen. Für die Immobilie der AGB sei ab 2016 eine Mischung aus kultureller Einrichtung und Bibliothek angedacht. Der Bezirk habe daran bereits Interesse bekundet.

Eine neue Nutzung geht nicht ohne das Landesdenkmalamt. Stadt- und Gedenkbibliothek stehen unter besonderem Schutz, das Haus am Blücherplatz auch deshalb, „weil es ein Geschenk der Amerikaner ist“, sagt Mathias Gille, der Sprecher der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Anfang 1950 erhielten die West-Berliner eine amerikanische Spende von fünf Millionen DM. Sie war ein Dank an die Einwohner fürs Durchhalten während der Berlin-Blockade. Damit sollte ein neuer kultureller Mittelpunkt und zugleich ein Symbol der Freundschaft zwischen Berlinern und Amerikanern entstehen. 1954 eröffnete das Haus als eines der modernsten seiner Zeit: Nicht nur Bücher gab es dort, sondern auch eine Musikabteilung mit vier Hörkabinen für Schallplatten und einem Klavierraum. Bei der Planung der AGB hatte auch ihre gute Anbindung an den Nahverkehr eine Rolle gespielt.

„Eine Bibliothek mitten in der Stadt, mit dieser Anbindung, danach würde man sich in anderen Metropolen die Finger lecken“, sagt der grüne Bezirksbürgermeister Schulz und begegnet damit dem Argument der rot-schwarzen Neubaubefürworter, das vorhandene Angebot sei einer Metropole wie Berlin nicht würdig. Zudem sei eine energetische Sanierung mit Geldern aus dem Konjunkturpaket II fast abgeschlossen. 2,2 Millionen Euro sind dafür geflossen. „Das Gebäude ist relativ gut in Schuss. Es wird nur systematisch schlecht geredet“, sagt Schulz. Eine Erweiterung des Gebäudes nach Norden, Süden und Westen sei nach wie vor möglich.

Auch beim Haus der Berliner Stadtbibliothek in der Breiten Straße sei noch nichts beschlossen, sagt Diedrich Wulfert, Sprecher der Kulturverwaltung, die verantwortlich für die ZLB ist. Die Lage allein sei aber noch kein Garant für den problemlosen Verkauf, „und natürlich muss man überlegen, ob man diese Immobilie mit dem Schlossplatz um die Ecke aus der Hand gibt“.

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