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Berlin: Höhere Grundsteuern verunsichern Mieter Vor allem frühere Sozialbau-Wohnungen betroffen

Ein halbes Jahr nach der Erhöhung der Grundsteuer befürchten viele Mieter explodierende Kosten. Denn die Steuer wird auf die Miete umgelegt.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Ein halbes Jahr nach der Erhöhung der Grundsteuer befürchten viele Mieter explodierende Kosten. Denn die Steuer wird auf die Miete umgelegt. Genährt werden die Ängste durch das städtische Wohnungsunternehmen Gesobau, das 630 Mietern im Märkischen Viertel jetzt angekündigt hat, die Betriebskosten massiv zu erhöhen.

Allerdings ist das ein spezieller Fall. Die Betroffenen gehören zu jenen Berliner Mietern, deren Wohnungen aus der Sozialbindung herausgefallen sind. Bis 2009 werden das insgesamt 35 000 sein. Dort ändert sich die Bemessungsgrundlage für die Grundsteuer drastisch. „Die Monatsmieten steigen für diese Wohnungen um 20 Cent pro Quadratmeter“, sagt David Eberhart, Sprecher der Berlin-Brandenburgischen Wohnungsunternehmen (BBU). Bei den Wohnungen, die in der Sozialbindung bleiben, greift nur die Grundsteuererhöhung Anfang 2007: Das macht etwa vier Cent pro Monat aus.

Die Finanzverwaltung des Senats bestätigte diese Rechnung am Beispiel einer 115-Quadratmeterwohnung im Märkischen Viertel. Sie soll jetzt laut Gesobau 222,75 Euro monatlich mehr kosten. Davon entfielen 23 Euro auf die veränderte Steuerbemessung und lediglich sechs Euro auf die Grundsteuererhöhung. Trotzdem wird die Tatsache, dass viele Sozialbauwohnungen demnächst aus der öffentlichen Förderung fallen, als Problem erkannt. Denn diese Wohnungen werden als frei finanzierte Wohnungen bei der Steuerbemessung neu eingestuft.

Genau dies bekamen die Mieter im Märkischen Viertel zu spüren. Auch wenn dort die Betriebskosten vor allem deshalb auf das Doppelte vergleichbarer Wohnungen steigt, weil die Gesobau veraltete Einrohr-Heizungsanlagen, die enorm viel Energie verschwenden, nicht erneuert hat. Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) kündigte gestern im Parlament an, die drohenden Mietsteigerungen im Märkischen Viertel zu überprüfen. Sozialsenatorin Heidi Knake-Werner (PDS) dachte über „soziale Abfederungen“ nach.

Die BBU forderte gestern, die Bemessungsgrundlagen für ehemalige Sozialwohnungen zu ändern. Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) setze sich auf Bundesebene längst dafür ein, sagte Sprecher Matthias Kolbeck. Denn die Bemessung der Grundsteuer, nach Meinung vieler Experten völlig veraltet und teilweise ungerecht, ist Bundesrecht. So zahlen – nach Modellrechnungen Sarrazins – Mieter im Altbau (Ost) jährlich 2,18 Euro Grundsteuer pro Quadratmeter. Für eine Sozialwohnung (West) werden dagegen 3,32 Euro fällig. Und während ein Häuschenbesitzer (Ost) für die Grundsteuer 2,29 Euro aufbringen muss, wird ein Einfamilienhaus (West) mit bis zu 7,80 Euro belastet.

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