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Berlin: „Hotel Interconti? Nie gehört“

Taxi-Branche beklagt: Immer mehr illegale Fahrer ohne Ortskenntnisse und ohne Beförderungsschein

Mit Hochglanzbroschüren wirbt der Taxiverband ab heute um Kunden. 100 000 der Faltblätter sollen verteilt werden, die berüchtigten „schwarzen Schafe“ der Branche werden das wohl lieber nicht tun. Fünf Prozent der Leute hinterm Steuer gehören zu dieser Kategorie, schätzt die Taxi-Innung – und zählt dazu Fahrer, die „schwarz“ fahren oder keinen P-Schein haben oder schlichtweg nur schmuddelig und unhöflich sind. „Das geht von hellgrau bis tiefschwarz“, sagt Detlev Freutel vom Taxiverband (TVB), dem Konkurrenzunternehmen zur Innung. Gemeinsam sorgen sich beide Organisationen über eines: dass die schwarzen Schafe den Ruf der Branche ruinieren. 6500 Taxis gibt es in Berlin, viel zu viele, um damit noch Geld zu verdienen, klagt man in der Branche.

Die Stimmung wird immer schlechter, die Fahrer werden immer ruppiger. Doch Kontrollen seien seltener geworden, heißt es in der Branche. Detlev Freutel zum Beispiel, der im Vorstand des TVB sitzt, ist in 27 Jahren gerade drei Mal kontrolliert worden. Und wenn es Kontrollen gibt, finden die meist am Bahnhof Zoo oder am Flughafen Tegel statt, da also, wo die meisten Taxis stehen. „Wenn die Polizeiautos und der Zoll am Zoo vorfahren, stehen plötzlich vier, fünf Taxis ohne Fahrer in der Schlange“, beschreibt ein Insider die Praxis. Diese vier, fünf Fahrer ziehen es dann vor, lieber nicht kontrolliert zu werden.Vor allem achten die Kontrolleure natürlich darauf, ob die Fahrer nebenbei Sozialhilfe oder Arbeitslosengeld beziehen. Wie viele Fahrer ohne P-Schein am Steuer sitzen, darüber gibt es keine gesicherten Zahlen. Die ganz schwarzen Schafe meiden einfach den Zoo und Tegel. Die Kontrolleure des Landeseinwohneramtes haben noch keinen Kutscher ohne P-Schein geschnappt. Aber viele Fahrgäste hatten unter ihnen zu leiden.

Sie ärgern sich vor allem über ortsunkundige oder ruppige Fahrer und schmuddelige Wagen. Die Broschüre, die ab heute verteilt wird, soll Kunden vor allem über ihre Rechte aufklären. Zum Beispiel, dass jedes Taxi genommen werden kann. Stinkt es in einem nach Qualm, sollte man das nächste in der Schlange nehmen, sagt Freutel. Horst Bullerdieck, der Ehrenvorsitzende des Vereins Taxi-Innung, sagt, dass Dreck schon in den 60er Jahren ein Thema war. „Wir sind von Wagen zu Wagen gegangen und haben die dreckigen Wagen in die Waschanlage geschickt“, erinnert sich Bullerdieck. Die Fahrer bekamen für diese zwei Stunden keine Aufträge von der Zentrale. Beendet wurde diese Art der Selbstkontrolle nach vielen Jahren durch ein Gericht: Fahrer hatten gegen die Zwei-Stunden-Sperre geklagt.

Nach dem Anstieg der Beschwerden wollte die Innung in diesem Jahr ein so genanntes Qualitätstaxi einführen. Der Fahrer sollte ordentlich angezogen sein, im Wagen sollten dem Fahrgast ein Regenschirm und ein Mobiltelefon zur Verfügung stehen. Ein Aufkleber am Heck sollte diese „Qualität“ nach außen kenntlich machen. Doch der konkurrierende Taxiverband war dagegen, also untersagte die Verkehrsverwaltung die Idee.

Verband und Innung räumen ein, dass das ohnehin Selbstverständlichkeiten seien. Wichtiger sei, dass der Fahrer seine Stadt kennt. Und daran hapert es häufig, jeder Fahrgast kennt Beispiele. „Ein Fahrer, der das Hotel Intercontinental nicht kennt, kann keinen Personenbeförderungsschein haben“, sagt Freutel. Denn die Anforderungen an diesen so genannten P-Schein sind streng, und sie sind seit Jahren die gleichen. Jedoch sinke das Niveau der Antragsteller „auf erschreckende Weise“, wie Freutel sagt. Früher sei Taxifahren ein Studentenjob gewesen, die seien Prüfungen gewohnt gewesen und hätten die vielen Straßen gut auswendig lernen können. Da Taxifahren bei Studenten jetzt aus der Mode sei, schicken viele Firmen Arbeitslose ohne gescheite Schulbildung in die P-Schein-Prüfung. Folge: Immer mehr fallen durch. Und das ärgert die Taxifahrschulen, sagt Freutel. „Die Schulen üben erheblichen Druck aus, dass wir das Niveau senken“, bestätigt Freutel vom TVB-Vorstand. Das konnte bislang verhindert werden, zum Wohle des Kunden.

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