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Berlin: House-Meister

Früher arbeitete Dirk Dreyer in der Musikszene, musste für seine Künstler auch mal Hotelzimmer finden Heute ist er nur noch gelegentlich DJ und stattdessen General Manager zweier Designhotels in Mitte

Die überdimensionierten Ohrensessel im Entree des Hotels „The Weinmeister“ in der gleichnamigen Straße, Hausnummer 2 in Mitte, sehen aus wie einem surrealistischen Film über Berlin entliehen. Auf den Tischen im Schwesterhotel „Lux 11“ in der Rosa-Luxemburg-Straße stehen zur Begrüßung der Gäste einzeln verpackte Spreewaldgurken in Büchsen neben Seltersflaschen. Und Dirk Dreyer, General Manager beider Hotels, trägt auch nicht schwarzen Anzug, die übliche Uniform der Hoteldirektoren, sondern offenes Hemd zu Jeans und Turnschuhen.

Der 37-Jährige ist erst seit einigen Monaten im Hotelgeschäft tätig und schon, anders als viele Kollegen, ziemlich zufrieden. Das Lux 11 (sprich: Lux eleven) war in der ersten Augustwoche ausgebucht mit Gästen, die zu Fotoshootings oder Filmaufnahmen in der Stadt waren. Das neu eröffnete „The Weinmeister“ hat die erste harte Bewährungsprobe während der Fashion Week Anfang Juli bestehen müssen, nachdem das Soft Opening wegen eines fehlenden Stempels ausfiel.

Dirk Dreyer kam vor zehn Jahren nach Berlin. Schon in der Schule hatte er gern aufgelegt, Partys und Events organisiert. Musik wurde sein Geschäft, er reiste überall hin, liebte schöne Hotels, schöne Restaurants. Er arbeitete für große Plattenfirmen wie Sony und EMI, entdeckte neue Musiktalente, legte im Sage-Club auf und musste als Künstlermanager immer auch Hotelzimmer finden in der Stadt.

So lernte er das Lux 11 kennen. Ein denkmalgeschützter Altbau, in dem ursprünglich ein Wohnhaus untergebracht war, später ein Militärlazarett, auch mal eine KGB-Abhörzentrale. Die Betreiber von der Chambers-Hotels-Group ließen anfangs auch mal Größen der Musikszene dort gratis schlafen zwecks Imagebildung, das hat funktioniert. Gerade waren die norwegische Sängerin Marit Larsen und Rap-Legende Grandmaster Flash da. DJs empfehlen es Kollegen, Dreyer ist gut vernetzt in der Szene. Das Marketing läuft gewissermaßen über Beziehungen. Im Lux 11 kommen eher die 20- bis 40-Jährigen unter, im Weinmeister sollen sich auch die etwas Älteren wohl fühlen.

Dirk Dreyer hat inzwischen eine anderthalbjährige Tochter. Als das Familienleben anfing, ging ihm die Lust aufs Reisen verloren, und er wollte lieber, dass die Leute zu ihm kommen. Er redete mit seinen Freunden, auch mit denen von der Chambers Group. Sie trauten ihm zu, General Manager zu werden. Ob Hotel oder Club, sagt er, „letztlich ist alles eine Frage der Inszenierung“. Drei Monate nahm er sich Zeit für die kleine Tochter, las nebenbei Bücher wie „Der kleine Hotelier“ oder „Hotel für Anfänger“. Und es klappte: Im vergangenen November fing er an. Heute fügt er dem Credo des legendären Conrad Hilton, nach dem für ein Hotel vor allem „Die Lage! Die Lage! Die Lage!“ ausschlaggebend ist, selbstbewusst einen eigenen Berliner Glaubenssatz hinzu: „People! People! People!“ Das schließlich sei es, was Berlin ausmache, dass hier immer neue kreative Menschen hinkommen, miteinander reden, sich vernetzen wollen.

Sterne interessieren ihn nicht, eher das Besondere, das Unvergessliche. Ein Fitness-Center zum Beispiel werde von den Gästen gar nicht nachgefragt. Sie sind schließlich den ganzen Tag unterwegs, da wäre die Zeit viel zu schade. Dass es im Lux 11 an der Rezeption rund um die Uhr heiße Würstchen mit Brot gratis gibt, kommt hingegen gut an. Und dass man rund um die Uhr frühstücken oder Zimmerservice bekommen kann, ist den jungen Flexiblen wichtig. Die hübschen Rezeptionistinnen tragen grüne Adidas-Sportanzüge, und mit der Zimmerkarte gibt’s im Adidas Original Store um die Ecke zehn Prozent Rabatt. Das ist eine Kooperation, die auch über einen Stammgast zustande gekommen ist. The Weinmeister verfügt immerhin über ein Spa, in dem man sich in kurzen Sitzungen den Jet Lag wegzaubern lassen kann, wenn man abends gut aussehen muss.

Die Zimmer im Lux 11 haben teils nachträglich angebaute Balkone zum Rauchen, halboffene Bäder mit gemauerten Wannen oder Duschen, kleine Pantrys mit Kühlschrank und Geschirr für die Filmleute, die länger bleiben. Dreyers Lieblingsort ist das Penthouse mit Terrasse, silbernen Wölkchen-Sofas und thailändischer Kunst. Auf dem Tisch steht eine Flasche Rotwein mit dem Etikett „Tageslohn“. Das fand er lustig, so eine Flasche würde er selber auch öffnen im Hotel. Während er die Zimmer zeigt, prüft er nebenbei, ob sich Bildschirme bewegen, Fenster leicht öffnen lassen. Es geht spielerisch zu, aber auch professionell. Acht Kilo habe er schon verloren beim Pendeln zwischen beiden Hotels, sagt er. Aber sein Traum hat sich erfüllt. Die Freunde aus aller Welt kommen zu ihm ins Hotel. Ihnen Ansprechpartner zu sein, ist ein wichtiger Teil seines Jobs. Schließlich sollen sich die Kreativen auch gemütlich und zu Hause fühlen.

Einmal im Monat legt Dirk Dreyer noch auf, ob im Weekend oder im Cookies, aber das ist jetzt nur noch ein schönes Hobby.

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