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Berlin: „Hühnersuppe wirkt wirklich“

„Mr. Gesundheit“ heißt er oder „Kräutermännchen“. Im ARD-Morgenmagazin ist er der Hausmittelapostel: Hademar Bankhofer Ein Gespräch mit dem Journalisten über Kresse gegen Schnupfen, den Nutzen von Ketchup und natürliche Potenzmittel

Herr Bankhofer, ich möchte mit Ihnen über Hausmittel sprechen und…

Das freut mich besonders! Viele werden das zwar nicht gerne hören, aber die Gesundheitsreform hat auch ihr Gutes. Sie hat einen positiven Schock ausgelöst. So langsam beginnen sich die Menschen zu fragen: „Was kann ich tun, damit ich gesund bleibe?“ Und wenn man doch mal krank ist, geht man nicht wegen jedes kleinen Schnupfens zum Arzt, sondern erinnert sich an Hausmittel, von denen man mal gelesen hat.

Naja, aber die Wirksamkeit ist doch oft ziemlich umstritten.

Man sollte immer mit Vorsicht herangehen. Zum Beispiel: Bei Bindehautentzündung einen Kamillentee kochen, einen Wattebausch eintauchen und auf die Augen legen. Entsetzlich. Gefährlich wie nur was. Der Tee trocknet die Schleimhäute aus und macht das Leiden noch größer, weil noch mehr Bakterien eindringen können.

Also können natürliche Mittel auch richtig gefährlich sein?

Selbstverständlich. Wer zu viel Johanniskrauttee trinkt, kann schneller Sonnenbrand bekommen. Wenn ich literweise Salbeitee in mich hineingieße, können mir die Bitterstoffe da drin unheimlich Probleme machen. Mir kann übel werden davon. Man muss mit Naturheilmitteln genauso verantwortungsvoll umgehen wie mit Medikamenten.

In Ihren Büchern empfehlen Sie selbst Hausmittel aller Art. Manche klingen allerdings etwas abwegig. Zum Beispiel: Paprika sei eine Art natürliches Potenzmittel.

Paprika ist überhaupt was Herrliches! Paprika bringt mir sehr viel Vitamin C, und das ist nicht nur gut bei Erkältungen, sondern auch für die gute Laune, und die gute Laune ist ja auch wichtig für den Sex – ich muss ja die Bereitschaft haben, die geistige. Paprika enthält ätherische Öle, die das Gehirn aktivieren. Es genügt schon, eine Paprikaschote aufzuschneiden und mit der Zunge über den Saft zu fahren. Das kann ihnen schon ein wenig geistige Fitness bringen.

Aha.

Es wird immer so viel von Potenzmitteln aus der Natur gesprochen. Das sind im Grunde genommen keine Potenzmittel. Nur: Wenn ein Mensch einen Mangel an Vitalstoffen hat, dann funktioniert vieles nicht. Und eines der ersten Dinge ist dann der Sex. Wenn ich genügend Vitalstoffe esse, bin ich auch wieder fit fürs Leben und damit fit für den Sex. Das ist auch das Geheimnis vom Knoblauch, von der Petersilie.

Knoblauch und Petersilie sind auch Potenzmittel?

Wie gesagt: nicht direkt Potenzmittel. Aber Petersilie enthält das ätherische Öl Apiin, das Hormone aktiviert. Und im Knoblauch steckt Allicin, das die Durchblutung im Körper fördert. Überall im Körper. Auch an den Stellen, auf die es beim Sex ankommt.

Woher wissen Sie das?

Da gibt es Studien der Berkeley-Universität in Kalifornien, die das beweisen. Schau’n Sie: Alles in der Naturmedizin findet besonders meine Anerkennung, wenn es durch moderne Studien belegt ist. Das beste Beispiel dafür ist die Hühnersuppe gegen Erkältung. Altes Hausmittel, mindestens seit dem 12. Jahrhundert schon. In den 70er Jahren des 20.Jahrhunderts haben dann zwei Ärzte in den USA eine Studie dazu durchgeführt. Da hat sich herausgestellt: Die Hühnersuppe wirkt wirklich. Und man hat auch nachgewiesen, warum. Die sind draufgekommen, dass in der Hühnerbrust viel vom Spurenelement Zink drin ist. Zink ist ja ganz wichtig für die Immunkraft. Und im Hühnerfleisch ist das Zink leichter aufnehmbar vom Körper, denn dort ist es gebunden an einen Eiweißbaustein mit Namen Zink-Histidin.

Wann hat das eigentlich angefangen, mit Ihrer Hausmittelsammelwut?

Das ist 30, 40 Jahre her, für mein erstes Buch überhaupt, „Hexenschuss und Heiserkeit“ hieß das. Damals habe ich mich auf meine Vespa gesetzt und bin durch Bayern, Österreich und Südtirol gefahren. Dort habe ich Pfarreien besucht und uralte Bibliotheken und habe mit alten Bäuerinnen gesprochen, weil ich mir gedacht habe, wenn diese Frauen ihr Wissen nicht weitergeben, dann ist das bald vergessen. Da kamen ganz kuriose Rezepte zusammen. Zum Beispiel der Tannennadel-Tee als ursprüngliches Schlafmittel. Dafür müssen Sie Tannennadeln waschen, zerdrücken und dann einen Teelöffel davon mit kochendem Wasser aufgießen. Eine Minute ziehen lassen, durchseien, Honig hineingeben, trinken. Den Tannennadel-Tee haben die Frauen der Holzarbeiter entdeckt.

Wie kamen Sie denn überhaupt auf die Idee, nach alten Hausmitteln zu forschen?

Wissen Sie, meine Eltern haben im Garten Kräuter angebaut. Wenn ich als Kind einen Insektenstich hatte, hat meine Mutter den Saft eines Salbeiblatts darauf getan. Und das hat gewirkt. Für mich war meine Mutter eine Alleskönnerin. Vielleicht deshalb… Ich habe schon als Jungreporter immer nur die Gesundheitsgeschichten ausgegraben, so dass mein Chefredakteur irgendwann zu mir sagte: Du musst schon auch mal einen Mord oder einen Unfall recherchieren.

Tabletten nehmen Sie also gar nicht?

Nein, nein. Nehmen wir eine Erkältung. Zuerst sollte man mal schauen, dass man die gar nicht erst kriegt. Also: Vitamin-C-reich ernähren. Das stärkt die Abwehr. Aber das Allerwichtigste ist das Wassertrinken. Drum gehe ich ja allen so auf die Nerven damit. Weil Wassertrinken bedeutet, dass Gifte ausgeschieden werden, dass die Zellen genug Flüssigkeit haben (deutet auf das leere Glas auf dem Tisch). Darf ich Ihnen einschenken?

Bitte.

(schenkt Wasser ein) Geben wir da ’n bissl Zitronensaft rein?

Gern. Aber zurück zur Erkältung. Was tun, wenn ich mich trotz Vorsorge anstecke?

Dann kann ich es zuerst immer noch mit natürlichen Mitteln versuchen. Am Abend, wenn ich spür’, ich habe mich wohl erkältet, dann tue ich meine Füße in einen Kübel mit heißem Wasser, eine Wärmflasche in den Rücken, eine Wollmütze auf den Kopf und trinke einen halben Liter Lindenblütentee. Das versetzt mich in ein künstliches Fieber. Danach geht es ins Bett zum Nachschwitzen. Wenn das nichts nützt, nehme ich homöopathische Mittel aus der Kresse und dem Meerrettich. Die wirken auch antibakteriell und antiviral. Und wenn das wieder nichts nützt, ja dann muss ich dringend zum Arzt. Vielleicht auch schon vorher. Die Naturmedizin hat ihre Grenzen. Es geht vor allem darum, vorzubeugen.

Vorbeugen, gut. Aber Sie stellen in Ihren Büchern so viele Regeln auf – man würde verrückt, wenn man sich an alle hielte. Zum Beispiel empfehlen Sie, einmal in der Woche einen Birnentag einzulegen und täglich drei Gabeln Sauerkraut zu essen. Das klingt nach Stress. Denken wir vielleicht oft zu viel über unser Essen nach?

Wenn Sie sich umschauen, wie viele dicke Kinder es gibt, dann kann ich dieses Argument nicht gelten lassen. Es ist ja gegen einen Hamburger nichts zu sagen, aber doch nicht drei Mal am Tag. Die Tragik ist natürlich, dass die Leute erst ab 40 anfangen, über ihre Gesundheit nachzudenken. Was war das andere Beispiel, das Sie genannt hatten?

Sauerkraut.

Na ja bitte. Da ist sehr viel Vitamin V enthalten. Und wenn man das öfter isst, schmeckt es einem auch. Unser Problem in der heutigen Gesellschaft ist, dass die Lebensmittelindustrie in alles wahnsinnig viel Salz und Zucker hineinschmeißt. Wir wissen doch gar nicht mehr, wie gut ein Apfel, einfach nur ein Apfel, schmecken kann. 45 Prozent der Deutschen gehen morgens ohne Frühstück aus dem Haus. Die Kinder bekommen fünf Euro mit auf den Weg und kaufen sich Schokoriegel.

Wie beginnt Ihr Tag?

Ich esse ein Fünfkorn-Flocken-Müsli. Das sind Weizen, Hafer, Roggen, Hirse, Gerste. Nichts weiter! So etwa drei Esslöffel davon gebe ich in einen Teller. Dann schneide ich mir kleingehackte Datteln und Feigen hinein, auch Bananen in Scheiben. Das Ganze süße ich mit Honig oder ein paar Rosinen. Und dann kommt Joghurt oder Milch oder Kefir drauf.

Wie gehen Sie mit Kritik um? Einige Mediziner sagen, dass vieles in Ihren Büchern…

… Schwachsinn ist.

Genau. Ihre Ernährungstipps hätten höchstens einen Placebo-Effekt.

Ich weiß von vielen Fällen, in denen Leute mir bestätigt haben, dass es wirkt. Ich bin ein eifriger Verfechter der „Übersäuerungs-Theorie“. Die besagt, dass unser Körper zu sauer ist, und dass wir mehr basische Mittel zu uns nehmen sollten. Da gibt’s eine Reihe von Ärzten, die mir voll zustimmen und eine Reihe von Ärzten, die das schwachsinnig finden.

Sie selbst sind kein Mediziner.

Nein, aber ich habe mich als Journalist sehr früh der Medizin zugewandt, habe Kontakt mit Medizinern und Wissenschaftlern. Ich sehe mich als Übersetzer.

In welchem Punkt lagen Sie nachweislich schon mal daneben?

In alten Büchern von mir steht: Eltern, gebts euren Kindern nicht so viel Ketchup! Eines Tages ruft mich ein befreundeter Professor an und sagt zu mir: „Hör auf, gegen den Ketchup anzuschreiben. Wir sind so froh, dass die Kinder Ketchup essen, weil der rote Farbstoff in der Tomate Herz und Kreislauf stärkt.“ Da habe ich auch lernen müssen.

Das Gespräch führte Björn Rosen.

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