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Hund und Herr: Gurke & Fenchel

Helmut Schümann hat keinen Pubertisten mehr, dafür einen Hund. An dieser Stelle schreibt er, Schümann, nicht der Hund, immer Montags über sein Leben als Welpenassistent in Berlin. Heute über die Blüten und Auswüchse der Hundeliebe.

Beim Flanieren durch Berlin begegnen Wilmer und dem Welpenassistenten die absonderlichsten Gestalten. Dem Assi erscheint aber der prozentuale Anteil der schwer Geschubsten unter den Hundehaltern wesentlich höher zu sein als bei denen ohne Hund. Bitte, der Assi will Hundehaltern jetzt nicht in Gänze zu nahe treten und Wilmer will es schon gar nicht. Aber was bitte sollen die beiden von einer Frau halten, die im Auslaufgebiet ganz stolz erzählt: „Bruno und ich essen immer gleichzeitig.“ Bruno ist vierbeinig und gewöhnlich äußert er sich bellend. „In der Früh mache ich Bruno ein Schinkenbrot. Und koche ihm ein Ei“, sagt die Frau. „Wie? Und keine Butter?“, fragt der Assi. „Doch, doch, natürlich“, sagt die Frau. Manche Hundebesitzer tun sich schwer, etwas zu merken, denkt der Assi. „Und Gürkchen? Gürkchen würde Bruno doch sicherlich reizend finden“, sagt der Assi. „Oh, gute Idee“, sagt die Frau, „muss ich mal probieren, esse ich doch auch so gerne, und Bruno mag alles, was ich mag.“ Ahhrrggg, denkt der Assi. Oder die Hundeexpertin. Sie lauerte Wilmer und seinem Assistenten am Lietzensee auf. Wilmer aus der Wilmersdorfer Straße ist oft da, hat auch schon einige Hundefreundschaften geschlossen, man erkennt sich, beschnüffelt sich, spielt miteinander und flaniert dann weiter. „Sie“, sagt die Hundeexpertin, „ich bin ja Hundeexpertin, und so ein Golden Retriever, wie Sie haben, ich sage Ihnen, die sind praktisch unerziehbar.“ „Ach so“, sagt der Assi, „bislang geht es eigentlich ganz gut.“ Die Frau, sie hat Pelzkragen an, ihr Mischling auch – beide Geschubste, denkt der Assi, die Frau hebt den Finger: „Moment. Jetzt geht es noch. Aber die nächsten drei Jahre, mein Lieber, Sie werden sich noch umgucken.“ Derweil tobt Wilmer mit einem Freund. Ein dritter Hund kommt hinzu, schon älter, Bulldogge, kräftiger und ein wenig ruppiger. Wilmer läuft zum Assi. „Sehen Sie“, sagt die Expertin, „da geht es schon los, der wird mal ein Angstbeißer.“ Aber Wilmer ist schon weiter und ringt mit der Bulldogge. Dafür hat er daheim wieder gebarft, also rohes Fleisch gefressen. Oder, um es auf die Karte zu schreiben: „Zarter Tartar in einem Jus von Kartoffel-Fenchel-Gratin an Möhren-Julienne. Dazu Kranenberger-Südhang, fruchtig-herb mit einer Ahnung von Mäusespeck im Abgang.“ Wäre er Pubertist, würde Wilmer wohl jetzt rülpsen. Er hat aber Manieren.

Helmut Schümann schreibt an dieser Stelle immer montags über sein Leben in Berlin mit seinem Hund Wilmer. Alle Erlebnisse zum Nachlesen gibt es hier.

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