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Berlin: Hunderttausend demonstrierten gegen Krieg ALEXANDERPLATZ I UNTER DEN LINDEN

Die Menschen setzten ein Zeichen auf den Straßen der Stadt. Botschaften standen unter erhöhtem Schutz. Der Verkehr in der Innenstadt stockte. Schon in der Nacht hatte es die ersten Proteste gegeben. Morgens gingen 50 000 Schüler auf die Straße. Am Abend zogen 70 000 Menschen zum Alex.

Nach dem USMilitärangriff auf den Irak setzte Berlin ein mächtiges Zeichen für den Frieden: Weit mehr als hunderttausend Menschen gingen am Donnerstag auf die Straßen der Stadt, um bei zahlreichen Demonstrationen gegen den Krieg zu protestieren. Im Berliner Dom veranstalteten die evangelische und die katholische Kirche am Abend einen ökumenischen Friedensgottesdienst, an dem auch Bundestagspräsident Wolfgang Thierse und Berlins Justizsenatorin Karin Schubert teilnahmen. Auf dem Alexanderplatz versammelten sich am Abend nach Polizeiangaben rund 70 000 Menschen zu einer Großkundgebung. Zu der Demonstration aufgerufen hatte das Berliner Bündnis „Achse des Friedens“, das von Gewerkschaften, kirchlichen Gruppen und Antikriegs-Komitees der Hochschulen organisiert wurde. Auch SPD, PDS und Grüne unterstützten die Demonstration. Vor der SPD-Zentrale in Kreuzberg warfen linke Demonstranten am Abend Steine auf Polizisten.

Bereits bei Ablauf des US-Ultimatums war es Donnerstag gegen 2 Uhr früh zu vereinzelten Protestaktionen in der Stadt gekommen. Am Vormittag hatten mehr als 50 000 Schüler aus Berlin und Brandenburg am Alexanderplatz gegen den Krieg im Irak demonstriert. Anschließend zogen sie Unter den Linden entlang zum Brandenburger Tor. Schulsenator Klaus Böger hatte es den Schulen freigestellt, an den Protestaktionen teilzunehmen. Die Polizei hatte am Morgen die Sicherheitsvorkehrungen im Regierungsviertel sowie an diplomatischen Vertretungen noch einmal deutlich verstärkt. Wegen zahlreicher Straßensperrungen kam der Verkehr zeitweise zum Erliegen, Autofahrer mussten die Innenstadt weiträumig umfahren.

Viele Schüler waren auch am Abend wieder mit Plakaten, Kerzen und Luftballons zur Kundgebung am Alex gekommen. Dort gedachten die Menschen mit einer Schweigeminute den Opfern des Krieges. „Dies ist ein schlimmer Tag für das irakische Volk, für die Uno und die Friedensbewegung“, sagte der Spandauer Pfarrer Peter Kranz, der am vergangenen Sonnabend die Lichterkette durch die Stadt organisiert hatte. „US-Präsident George W. Bush missbraucht den christlichen Namen für sein Sendungsbewusstsein“, erklärte Kranz. „Mister Bush, wir haben einen langen Atem“, kündigte der Pfarrer unter großem Beifall der Menge an. Eine Gruppe von Demonstranten ließ eine amerikanische Fahne in Flammen aufgehen.

Die Veranstalter riefen zu einem spontanen Protestzug vor das Auswärtige Amt auf, um dort gegen Überflugrechte für die USA zu protestieren. Gegen 19.30 Uhr zogen zehntausende Demonstranten am Roten Rathaus vorbei über die Mühlendammbrücke zum Schloßplatz. Polizisten hatten das Außenministerium jedoch weiträumig abgeriegelt. Zunächst sollte die Demonstration über die Karl-Liebknecht-Straße zu einer Abschlusskundgebung auf den Alexanderplatz zurück führen. Auf der Schlossbrücke hatten Polizisten eine Kette gebildet, um den Demonstranten den Weg in Richtung Brandenburger Tor zu versperren. Die Veranstalter forderten jedoch über Lautsprecher dazu auf, zur US-Botschaft an die Neustädtische Kirchstraße zu ziehen. Die Polizei ließ den Demonstrationszug daraufhin passieren.

Gegen 21 Uhr drängelten sich zehntausende Menschen auf dem Boulevard Unter den Linden. Vor den Absperrungen zur US-Botschaft an der Neustädtischen Kirchstraße leuchteten rote Friedhofskerzen. Demonstranten hatten hier seit dem frühen Morgen protestiert. „Bush und Saddam in eine Doppelzelle in den Haag“, lautete die Forderung auf einem Plakat.

Anders in Kreuzberg. Rund 3000 Teilnehmer einer Demonstration linker Gruppen zogen hier am Abend unter großer Polizeibegleitung vom Moritzplatz in Kreuzberg zum Willy-Brandt-Haus an der Stresemannstraße, wo Jugendliche vereinzelt mit Steinen auf Polizisten warfen. Die Sicherheitskräfte hatten die Situation aber schnell wieder im Griff.

Am Bahnhof Lichtenberg versammelten sich am Abend etwa hundert Neonazis zum Protest gegen den Irak-Krieg. Die Kundgebung verlief ohne Zwischenfälle.Tsp

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