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Ich bin ein BERLINER (2): Ohne Visum im Spreewald

Traumtänzer oder Realpolitiker? Günther Paggel, Rentner aus Reinickendorf, ist sich nicht sicher, wie man mit der Berliner Mauer umgehen musste. Im Video erinnert er sich an die geteilte Stadt - und lobt ihre heutige Größe. "Ich bin ein Berliner" - die Video-Serie zur berühmten Berlin-Rede von US-Präsident John F. Kennedy.

Die Mauer war wie die Schuhe, die vor der Tür stehen. Ich bin 1970 nach Berlin gekommen, aus Westfalen. Ich wollte nicht vor der Bundeswehr flüchten; mir gings ums Studieren. Anfangs hatte ich keinen Berliner Pass und musste viele Formulare ausfüllen, um in den Ost-Teil der Stadt zu kommen. Ich habe, wie wohl alle Berliner, gelernt, mit der Mauer zu leben. Der kahle Potsdamer Platz war gruselig. In Kreuzberg ist eine Kita genau auf die Straße gebaut worden, weil gesagt wurde: Die Wand da kommt eh nicht weg. Es gab zwei Lager im Westen: Die einen hofften, man müsse die Teilung politisch überwinden. Die anderen sagten: „Seid keine Traumtänzer!“

Der Berliner hat eine gemischte Natur. Das kann man auch lesen, in den vielen Büchern über Fritze zwo und so. Der Berliner ist frech, daran habe ich mich immer noch nicht gewöhnt. Aber es ist ja nicht so gemeint: kesse Lippe, immer vorneweg. Über alles schimpfen, aber Neuem gegenüber aufgeschlossen sein.

 Günther Paggel aus Reinickendorf: "Kesse Lippe, immer vorneweg".
Günther Paggel aus Reinickendorf: "Kesse Lippe, immer vorneweg".

© Jana Demnitz

Als die Mauer gefallen ist, war ich froh. Meine Frau und ich konnten endlich ohne Visum in den Spreewald fahren. Wir sind begeisterte Paddler, um Berlin drumrum gibt es 7000 Kilometer paddelbare Gewässer. Die zu erkunden, macht mir Spaß. Berlin ist kein künstliches Gebilde mehr, sondern eine richtige Stadt.

Vor 50 Jahren hielt John F. Kennedy seine berühmte Berliner Rede. Hier erzählen 100 Berliner, was ihnen diese Worte bedeuten. Siemens unterstützt das Tagesspiegel-Projekt „Ich bin ein Berliner“.

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