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Berlin: "Ich bin ein einfacher Mann"

Der Oberrabbiner von Israel, Meir Lau, hat gestern im Centrum Judaicum das Andenken des Führers der chassidischen Bewegung, Rabbiner Menachem Mendel Schneerson, geehrt. Der spätere "Lubawitscher Rebbe", den bis heute hunderttausende Anhänger der orthodoxen Vereinigung Chabad Lubawitsch verehren, lebte 1928 bis 1933 in Berlin.

Der Oberrabbiner von Israel, Meir Lau, hat gestern im Centrum Judaicum das Andenken des Führers der chassidischen Bewegung, Rabbiner Menachem Mendel Schneerson, geehrt. Der spätere "Lubawitscher Rebbe", den bis heute hunderttausende Anhänger der orthodoxen Vereinigung Chabad Lubawitsch verehren, lebte 1928 bis 1933 in Berlin. 1902 in der Ukraine geboren, wurde Menachem Schüler des damaligen Lubawitscher Rebbe. 1928 mussten beide aus Sowjetrussland fliehen. Im gleichen Jahr heiratete der Schüler in Warschau die Tochter des großen Rebbe und zog mit ihr nach Berlin. An der Stelle ihres im Krieg zerstörten Wohnhauses am Hansaufer 7 (Tiergarten) enthüllte Rabbiner Lau eine Gedenktafel.

Schneerson studierte von 1928 bis 1933 an der Berliner Universität Mathematik und Physik und setzte seine religiösen Studien fort. 1933 emigrierte Schneerson mit seiner Frau nach Paris. 1940 mussten sie nach dem Einmarsch der Wehrmacht erneut fliehen. Ein Jahr später gelangten sie über Nizza nach New York, wo schon der Schwiegervater lebte. Er führte dort die chassidische Bewegung. Nach seinem Tod wurde Menachem Mendel Schneerson 1950 zum Lubawitscher Rebbe ernannt und amtierte bis zu seinem Tod 1994. Bei der Feierstunde anlässlich seines bevorstehenden 100. Geburtstags erinnerte Rabbiner Lau an Schneersons Wirken in der Sowjetunion, wo er Dutzende jüdische Lehrhäuser und soziale Einrichtungen aufbaute. Bis heute ist "The Rebbe" ohne Nachfolger. Nach Berlin schickte Chabad Lubawitsch vor fünf Jahren einen Vertreter, Rabbiner Yehuda Teichtal. Auch dieses Jubiläums wurde gestern gedacht.

Die Geschichte des Menachem Mendel Schneerson in Berlin ist noch nicht geschrieben. Aber Geschichten über ihn gebe es viele, sagte Rabbiner Teichtal. Eine davon habe er von einem sehr alten Mann in New York gehört. Schneerson besuchte regelmäßig eine Berliner Synagoge, wahrscheinlich den Tempel von Adass Yisroel im Siegmundshof, der nur wenige Schritte von seiner Wohnung am Hansaufer entfernt lag. Ein alteingesessenes Gemeindemitglied war beeindruckt von dem jungen, ernsten Mann. Er fragte ihn, wer er sei. "Ich bin ein einfacher Mann", antwortete Schneerson. Der andere fragte wieder und wieder, und eines Tages sagte ihm der Fremde: "Du wirst erfahren, wer ich bin."

Nach dem Krieg gelang es dem Berliner Juden, nach Amerika auszuwandern. Er hatte seine ganze Familie verloren, berichtet Teichtal. 1957 traf er den Lubawitscher Rebbe, ohne gleich zu erkennen, dass es der geheimnisvolle Mann aus der Synagoge war. Schneerson aber fragte ihn nach 30 Jahren: "Weiß du jetzt, wer ich bin?" Seit gestern erinnert eine Gedenktafel an den großen Gast der Stadt.

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