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Berlin: Ich bin zwei Marathons

Die Inline-Skater sind am Sonnabend, die Läufer am Sonntag unterwegs – das freut Athleten und Gastronomen. Doch es gibt auch Kritik

Ganz Berlin im Siegestaumel: Am heutigen Shopping-Sonnabend startet der 30. Berlin-Marathon – mit fast 10 000 Skatern , über 35 000 Läufern und einer Million Zuschauern die größte Laufveranstaltung der Welt. Dass der Marathon erstmalig an zwei Tagen stattfindet, freut Hotelbetreiber, Gastronomen, Taxifahrer. Und wenn die Zuschauereuphorie tatsächlich zwei Großereignisse trägt, will die Sportverwaltung den Zwei-Tage-Marathon in der Stadt etablieren. Dann wollen auch Paris und Hamburg dem Berliner Beispiel folgen. Auch Wirtschaftssenator Harald Wolf (PDS) unterstützt die Ausdehnung des Marathons. Nicht aber der Berliner Einzelhandel: „Das wäre ein Affront“, sagt Geschäftsführer Nils Busch-Petersen.

„Wir müssen jetzt sehen, ob sich die tolle Stimmung an der Strecke auch über zwei Tage hält“, sagt Sportstaatssekretär Thomas Härtel. „Von uns aus kann das gern länger gehen“, sagt Wolfgang Wruck, Chef der Taxi-Innung: „Das Geschäft läuft“. Der Marathon helfe der gesamten Berliner Wirtschaft auf die Beine, meint Veranstalter und SCC-Geschäftsführer Horst Milde: Einer Studie zufolge hat der Lauf zwischen 1974 und 2003 rund 246 Millionen Euro Einnahmen gebracht. Doch jetzt befürchten viele Händler trotz Verkaufs bis 20 Uhr erstmals Einbußen, weil die Skater bereits am Sonnabend starten. Milde zufolge nehmen inzwischen so viele Sportler teil, dass man sie nicht alle an einem Tag starten lassen kann. 100 000 Marathon-Touristen sind in der Stadt; der Hotel- und Gaststättenverband ist sehr zufrieden.

Doch „wenn die Leute hören, dass die City dicht ist, fährt keiner mehr hin“, sagt Nils Busch-Petersen. Auch Gregor Eßer, Geschäftsführer von Karstadt Sport in Charlottenburg, fürchtet um Laufkundschaft. 2002 verkaufte sein Haus am Sonnabend vor dem Marathon 50 Prozent mehr Sportartikel. Auch Werner Schmitt von „King’s Tea Garden“ am Kurfürstendamm klagt, es kämen zu wenige kauffreudige Kunden. „Statt zu shoppen, zertrümmern mir Schaulustige die Vitrinen.“ Von einer Ladenöffnung am Sonntag, wie sie der Wirtschaftssenator vorgeschlagen hat, hält die Berliner Händlerschaft aber nichts. Busch-Petersen: „Die Leute wollen zugucken, nicht kaufen.“ Generell stehe man hinterm Marathon, das zeige schon der Hauptsponsor „Real“. Veranstalter Horst Milde ärgert sich über die Kritik. „Wir haben den langen Sonnabend erst möglich gemacht.“ Außerdem führe der Skater-Lauf am Sonnabend nicht über die Shoppingmeilen Kurfürstendamm oder Schloßstraße. „Viele Gastronomen haben uns gegenüber schon bedauert, dass sie nicht mehr an der Strecke liegen.“

Karstadt am Hermannplatz etwa nutzt den Lauf zur Kontaktpflege: Am Sonntag sind 1500 Gäste zu Weinfest und Anfeuern auf die Dachterrasse geladen. Heute abend schon werden Zehntausende beim Gratis-Konzert mit Stars wie Kelly Rowland und Outlandish am Brandenburger Tor erwartet.

Und wie man Staus umfährt, sagt die Polizei unter Telefon 4664 34140 oder -34532.

Annette Kögel

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