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Berlin: „Ich hab’s mir schwerer vorgestellt“

Schüler schreiben Vergleichstest, Senator nimmt Lehrer in Schutz

Viele Zehntklässler kamen am Montagmittag erleichtert aus den Schulen. Sie hatten gerade ihre erste Vergleichsarbeit im Fach Deutsch geschrieben. „Ich hab’s mir schwerer vorgestellt“, sagte Mascha Sondermann, die auf das Robert-Blum-Gymnasium in der Kolonnenstraße geht. Ihre Mitschüler nicken. „Ich hatte befürchtet, dass wir Gedichte interpretieren müssen oder Grammatikfragen beantworten“, sagte Bianca Röwekamp. Geprüft wurde aber nur, wie gut die Schüler Texte verstehen. Im ersten Teil der Arbeit mussten sie Fragen zu einem Zeitungsartikel, einer Grafik und einer Karikatur beantworten, im zweiten Teil die These erörtern: „Wichtigstes Ziel bei der Berufswahl sollte es sein, den Wunschberuf anzustreben.“ Dafür hatten sie vier Schulstunden Zeit. „Das war gut zu packen“, fand auch Yasmin Tarcha, Schülerin an der Georg-Giesche-Realschule in Schöneberg. Die Übungsaufgaben im Internet seien schwieriger gewesen, da musste man zum Beispiel Fragen zu einem Text übers Klonen beantworten. Nach diesen Erfahrungen sehen viele der Englischarbeit am Mittwoch entspannt entgegen. Sorgen bereiten eher die Matheaufgaben. „Die werden bestimmt schwieriger“, befürchtet Gymnasiast Moritz von Plüskow.

Einige Schüler hatten davon gehört, dass auch Prüfungsaufgaben und Lösungen ins Internet durchgesickert sein sollen, bisher habe sie aber keiner gesucht. Der Tagesspiegel hatte am Montag berichtet, dass Lösungen für die Fächer Deutsch und Englisch in einem privaten Chatroom aufgetaucht und von Schülern weitergegeben worden seien. Bildungssenator Klaus Böger (SPD) wies die Behauptung zurück, die Schulen seien nachlässig mit den Prüfungsunterlagen umgegangen. Dass bei 100 000 Klausurunterlagen etwas durchsickere, könne man nie ausschließen, selbst nicht, wenn die Unterlagen versiegelt wären. Die Lehrerexemplare mit den Lösungen wurden in der Schulverwaltung für jede einzelne Schule verpackt, in einem verschlossenen Umschlag mit der Aufschrift „Vertraulich“ an die Außenstellen geliefert und dort von den Schulen abgeholt. „Ich bin überzeugt, dass sich die Lehrer an ihre Pflicht zur Geheimhaltung gehalten haben“, sagte Böger.

FU-Präsident Dieter Lenzen hatte an der Durchführung der Vergleichsarbeiten kritisiert, dass die Lehrer die Arbeiten ihrer eigenen Schüler korrigierten und nicht etwa die einer Partnerschule. „Wer lehrt, prüft nicht“, sagte Lenzen. „Hier wird die Kompetenz von Pädagogen in Frage gestellt, zu deren Alltag es gehört, Arbeiten zu überprüfen und zu bewerten“, hielt ihm Bildungssenator Böger entgegen. Wenn der FU-Präsident behaupte, wer lehrt, prüfe nicht, erkläre er Schul- und Universitätsabschlüsse in Berlin generell für wertlos.

Verwirrend fanden einige Schulleiter die Angaben für die Dauer der Mathematikprüfungen. Während auf der Vergleichsarbeit 90 Minuten angegeben sind, ist in der Ausführungsbestimmung für Vergleichsarbeiten von bis zu 120 Minuten die Rede. Dazu stellte Böger klar: „90 Minuten“.

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