zum Hauptinhalt

Berlin: „Ich hätte die Verbraucher sofort informiert“

Senatorin Heidi Knake-Werner (Linkspartei/PDS) über Behördenfehler beim Gammelfleischfund – und die Konsequenzen

Frau Knake-Werner, die Opposition wirft Ihnen beim Gammelfleischskandal Vertuschung vor.

Das ist absoluter Quatsch. Ich hätte sofort über den Fund vom 21. September informiert, dass Proben entnommen worden waren und das Fleisch sichergestellt wurde. Ich hätte den Verbrauchern gesagt: Schaut, so läuft die Information in Berlin – offen und transparent ohne Vertuschung.

Mit dieser verwaltungsinternen Informationspanne haben Sie Ihrer Nachfolgerin Katrin Lompscher aber ein schönes Kuckucksei ins Nest gelegt, oder?

Die Informationsketten sind eindeutig geregelt. In diesem Fall gab es offensichtlich eine Lücke, die nicht hätte sein dürfen.

Der Fund war schon am 21. September. Erfahren haben Sie von dem mit Salmonellen infizierten Putenfleisch nach eigener Aussage erst am Freitag. Übernehmen Sie die Verantwortung?

Natürlich übernehme ich die Verantwortung dafür, dass alles aufgeklärt wird. Es gab ein Handlungsdefizit bei einer Kollegin, die zwar das internationale Schnellwarnsystem im November in Gang gesetzt hat. Aber eine Kopie des Vorgangs darüber ist nicht bei der Leitung angekommen. Ich hatte keine Chance abzuwägen, ob die Bevölkerung darüber informiert werden soll – oder nicht.

Und: Hätten Sie darüber informiert?

Natürlich hätte ich sofort informiert. Aus einem schlichten Grund: Am 7. September gab es nach den spektakulären Gammelfleischfunden in Bayern eine Verbraucherministerkonferenz. Wir alle waren damals bei diesem Thema hochsensibilisiert und haben unsere Kontrollketten überprüft. Selbst wenn es keine unmittelbare Gefahr für den Verbraucher gegeben hat: Bei 95 Tonnen beschlagnahmten Putenfleischs in einem Berliner Kühlhaus wäre ich ohne Wenn und Aber an die Öffentlichkeit gegangen.

Einige Chargen der Ware wurden an Dönerproduzenten ausgeliefert. Aber nur in Kreuzberg wurden die Kontrolleure noch fündig. Warum wurde das Putenfleisch ohne Test auf Salmonellen vernichtet?

Zum jetzigen Zeitpunkt gibt es nur eine fachliche Erklärung: Wurde das Fleisch vom Kühlhaus schon zu einem Verarbeiter gebracht, könnte es auch dort kontaminiert worden sein. Der Nachweis, wo genau die Keimbesiedlung stattgefunden hat, ist dann schwer zu führen. Also wurde das Fleisch vernichtet. Aber das will ich mir von den Lebensmittelkontrolleuren genau erklären lassen.

Das klingt für die Verbraucher nicht sehr beruhigend. Sollen sich jetzt alle Konsumenten, die seit September Geflügeldöner gegessen haben, untersuchen lassen?

Worauf denn? Man hätte schon nach dem Verzehr gemerkt, dass etwas mit dem Fleisch nicht gestimmt hätte. Wenn Geflügelfleisch ordnungsgemäß zubereitet wird, sind alle Keime abgetötet.

Wie können solche Pannen künftig verhindert werden?

Wir brauchen ein Vier-Augen–Prinzip in der Verwaltung. In solchen Fällen müssen alle von Mitarbeitern bearbeiteten Vorgänge noch einmal von den Vorgesetzten kontrolliert werden.

Am Montag erwarten Sie einen Bericht der Verwaltung. Wie geht’s dann weiter?

Ich werde mir das genau anschauen und darüber informieren. Wenn die Opposition es wünscht, werde ich auch in einer Sondersitzung des Gesundheitsausschusses darüber Auskunft geben.

Das Gespräch führte Sabine Beikler.

Heidi Knake-Werner (63) war bis zur Senatsneubildung im November Senatorin für Gesundheit und Verbraucherschutz. Jetzt ist die PDS-Politikerin Senatorin für Integration, Arbeit, Soziales.

-

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false