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Die IFA 2017 ist eröffnet.

© AFP

IFA 2017: Internationale Funkausstellung in Berlin eröffnet

Immer noch nicht komplett vernetzt? Und immer noch ohne Roboter-Butler? Die IFA hilft beim Suchen.

Verdammt unübersichtlich, das alles. Wenn ein Rat aus den Tiefen der alten, analogen Welt genehm ist: Wer sich am Eingang das 36-seitige Druckwerk „IFA heute“ holt, der vermeidet es, gleich im Strudel der Ausstellung unterzugehen und kann schon Ziele abstecken.

Clean Eating mit Melanie de Jong? Oder Grooming mit Halit Kuru? Front Cooking mit John Lafer? Nein, Entschuldigung, der Mann heißt Johann und kocht deutsch. Aber das kann passieren auf einer internationalen Messe, auf der jeder auf englisch angesprochen wird, der sich auch nur einer elektrischen Zahnbürste nähert.

Schmeiß endlich den Kram weg, den wir dir letztes Jahr angedreht haben!

Die Botschaft, die die Ifa dem unvorbereiteten Besucher mit Nachdruck vermittelt, ist indessen leicht verständlich: Schmeiß endlich den Kram weg, den wir dir letztes Jahr angedreht haben! Erinnert sich noch jemand ans 3-D-Fernsehen? Schrott. Oder an die wundersam gebogenen Bildschirme? Der Zeitgeist will es jetzt, dass sie flach wie eine Briefmarke an die Wand gehängt werden, da geht rund überhaupt nicht mehr.

Kühlschränke, in denen man eigenes Gemüse ziehen kann

Dennoch verströmen einige Namen, die die Funkausstellungen des 20. Jahrhunderts bestimmt haben, auch heute wieder nostalgische Heimeligkeit. Grundig! Telefunken! Blaupunkt! Bei näherem Hinsehen stellt sich allerdings heraus, dass das nur noch Namen sind.

Grundig zum Beispiel, in türkischem Besitz, produziert Kühlschränke, in denen man eigenes Gemüse ziehen kann, futuristische Waschmaschinen und einen „Aromenextraktor“, den der TV-Freak Max Grundig seinerzeit wohl entgeistert in die Tonne getreten hätte. Und Blaupunkt verkauft Bügeleisen, das werden Generationen von Autoradionutzern eigenartig finden.

Das bessere Leben

Ganz generell geht es auf der Ifa ums bessere Leben schlechthin. Es ist möglich, das sagen alle Hersteller unisono, und zwar praktisch aus dem Katalog. „A better life in a better world“ heißt das bei Panasonic, jenem japanischen Elektromulti, der eine ganze Halle gemietet hat.

Jeder zum Beispiel, der beim Kochen noch immer planlos herumfummelt, sollte sich fragen, weshalb er über dem Spülbecken noch keinen „Kitchen Advisor“ installiert hat, der ihn direkt mit der Datenbank des Institut Bocuse verbindet.

Das Dumme an diesem besseren Leben ist allerdings, dass all diese Geräte eine immense Grundfläche voraussetzen, über die nicht jeder verfügt. Andererseits zeigen exotische Hersteller auch noch prähistorische Gusskochplatten, darüber lässt eventuell sogar das Sozialamt mit sich reden.

Ein Klassiker: Der Kühlschrank bestellt autonom Milch und Würstchen

Wer aber kann, der vernetzt sein Haus. Heißt es seit gut 15 Jahren. Und immer kommen neue Visionen hinzu: Der Kühlschrank bestellt autonom Milch und Würstchen, das ist schon ein Klassiker. Aber heute scheint durchaus denkbar, dass diese Sachen dann auch sofort von einer Drohne geliefert werden, der das vernetzte Haus gedankenschnell die Tür öffnet; drinnen wartet dann bereits der servile Roboter-Butler darauf, alles einräumen zu dürfen. Toll – aber warum bloß kennt niemand jemanden, der mit diesen Sachen zu Hause auch mal anfängt?

Interessierte Besucher auf der Internationalen Funkausstellung in Berlin.
Interessierte Besucher auf der Internationalen Funkausstellung in Berlin.

© dpa

Wer sich umschaut in den Hallen, der wird zum Beispiel im „Innovation Hub“ der Halle 26 mit einem Roboter in Größe eines Erstklässlers ins Gespräch kommen. Dieser Roboter steht in drahtlosem Kontakt mit einer Kaffeemaschine und kann unfassbar altklug dahersülzen.

Gibt man ihm den Auftrag, eine Latte Macchiato zu machen, erzählt er kulleräugig von Kaffeebohnen, die „in Peru in der Nähe des Weltkulturerbes Machu Picchu“ geerntet wurden, bevor der Kaffee fertig ist, den man dann aber selbst rausnehmen muss, weil der Roboter nicht rankommt.

Kaffee als zentrales Schmiermittel dieser Ifa

Oh, es gibt viele Roboterchen auf dieser Ausstellung, es sind freundliche Wesen mit runden Gliedern und zarten Fingern, die sich aggressionsfrei bewegen, mit weichen Stimmen und einem ewigen Lächeln auf dem Display – undenkbar, dass sie sich jemals gegen ihren Besitzer wenden.

Aber wozu stehen sie ihm überhaupt im Weg? Alexa ist auch so ein Ding, aber klein wie eine Blumenvase und nicht so schwatzhaft. Befiehlt man ihr „Alexa, turn on the coffee maker!“, dann macht sie und redet nicht.

Übrigens gibt es jetzt auch Kaffeemaschinen, die die Bohnen erst mal rösten, das dauert 15 Minuten, in denen der Besitzer darüber nachdenken mag, ob sich die Anschaffung für ihn gelohnt hat.

Kaffee ist praktisch das zentrale Schmiermittel dieser Ifa, ohne ihn gäbe es ein Drittel der ausgestellten Geräte nicht.

Was ist, wenn diese Dinger nicht mehr funktionieren?

Das zentrale Problem, das jeder fürchtet, wird allerdings nirgendwo erwähnt. Was ist, wenn diese Dinger nicht mehr funktionieren? Kommt dann auch ein Roboter? Einer, der so was wissen müsste, hält an diesem ersten Messetag eine Pressekonferenz: Feri Abolkassam, „Geschäftsführer Service Transformation Telekom Deutschland“. Der Mann hat sicher eine Menge zu transformieren, er ist um seinen Job echt nicht zu beneiden.

Das bessere Leben?
Das bessere Leben?

© picture alliance / abaca

Wir sehen: Letzten Endes sind es doch die Menschen, die eine Messe wie diese lebenswert erscheinen lassen, die polyglotten Berater, die Hostessen auf ihren unfassbar hohen Absätzen, die Moderatoren und Schauspieler, die die ARD in ihrer Halle gleich im Dutzend antreten lässt, die Köche, die sich hier wie im Fernsehen fühlen dürfen, auch wenn nur die Kollegen vom Stand zugucken.

Die IFA ist noch bis zum 6. September geöffnet.
Die IFA ist noch bis zum 6. September geöffnet.

© dpa

Ach, Halit Kuru. Das ist ein Barbier. In der Panasonic-Halle macht er einem anderen Hipster die Barthaare schön. Beide sehen dann aus wie TV-Gangster, allerdings bleibt die Botschaft ein wenig unklar. Aber wer fragt, der bekommt sicher eine Antwort, zumindest auf englisch.

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