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Am Sonntag bleibt die Kasse zu. Die IHK Berlin fragt, ob das noch zeitgemäß ist.

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IHK zur Sonntagsöffnung in Berlin: "Ist der Berliner Ladenschluss noch zeitgemäß?"

Bis auf wenige Ausnahmen bleiben die Geschäfte am Sonntag geschlossen. Christian Wiesenhütter von der IHK Berlin fragt, ob das nicht überholt ist.

In der erneuten Diskussion um den Ladenschluss wird vergessen, auf welcher Grundlage die heutige Berliner Regelung basiert.

Nachdem im Zuge der Föderalismusreform im Jahr 2006 der Ladenschluss Ländersache wurde, verabschiedete Berlin mit maximal zehn Einkaufssonntagen bundesweit die liberalste Regelung. Allerdings wurde diese vom Bundesverfassungsgericht mit dem Urteil vom 1. Dezember 2009 gekippt und entschieden, dass die Berliner Regelung in Verbindung mit Artikel 140 GG und Art. 139 der Weimarer Reichsverfassung unvereinbar ist. Laut Art. 139 der Weimarer Reichsverfassung bleiben der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt. Diese Regelung gilt noch heute und beeinflusst damit die Ladenschlussgesetzgebung in ganz Deutschland.

Christian Wiesenhütter ist stellvertretender Hauptgeschäftsführer der IHK Berlin.
Christian Wiesenhütter ist stellvertretender Hauptgeschäftsführer der IHK Berlin.

© Rainer Kurzeder/IHK Berlin

Das Berliner Gesetz, das aufgrund des Urteils erlassen wurde, sieht insgesamt acht verkaufsoffene Sonntage vor, die nicht auf einander folgen dürfen und besonders begründet werden müssen. Ferner ist es gelungen, eine Ausnahmeregelung für ausgewählte Fern- und Regionalbahnhöfe zu schaffen, damit diese den nötigen Bedarf von Reisenden nach direkter Ankunft am Bahnhof abdecken. Doch seit 2009 hat sich die Welt verändert: In London und Paris, Stockholm und demnächst auch in Wien und anderen Städten kann man sonntags einkaufen. Das dänische Ladenöffnungszeitengesetz wurde 2012 liberalisiert, und auch in Polen haben eine ganze Reihe Geschäfte jeden Sonntag geöffnet. Da hinkt Berlin mit mittlerweile fast 12 Millionen Besuchern in Kauflaune deutlich hinterher – auch weil touristische Umsätze im vergangenen Jahr bereits 26 Prozent des Umsatzes im Berliner Einzelhandel ausmachten.

Viele Menschen kaufen inzwischen online

Zusätzlich hat sich in den letzten sechs Jahren das Einkaufsverhalten der Kunden stark verändert. Viele Menschen kaufen mittlerweile Dinge des alltäglichen Bedarfs online und das meist an Sonntagen. Die Erlöse im Einzelhandel sind im ersten Halbjahr 2015 zwar so stark wie seit zwei Jahrzehnten nicht mehr gestiegen. Laut einer Statistik des Handelsverbandes Berlin-Brandenburg e.V. lag der Online-Umsatz bereits 2014 bei 11,5 Prozent. Jedoch verlagert sich der Umsatz zunehmend zum Versand- und Onlinehandel. Denn im Gegensatz zum stationären Einzelhandel stehen dem Kunden Online-Einkaufsmöglichkeiten rund um die Uhr zur Verfügung. Der Berliner Einzelhandel hat unter den aktuellen gesetzlichen Bedingungen also einen klaren Wettbewerbsnachteil.

Der Gesetzgeber ist gefragt

Angesichts der Entwicklungen im Berliner Tourismus und des Strukturwandels im Einzelhandel stellt sich die Frage, ob es nicht einer neuen gesetzlichen Regelung bedarf, die diesen Veränderungen gerecht wird. Der Artikel 139 der Weimarer Reichsverfassung darf nicht das letzte Wort für den Ladenschluss in der deutschen Hauptstadt sein. Der Gesetzgeber ist gefragt.

Christian Wiesenhütter ist stellvertretender Hauptgeschäftsführer der IHK Berlin.

Christian Wiesenhütter

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