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Berlin: Im fernen Westen

Beim Besuch in Spandau hatte Klaus Wowereit offene Ohren für die Sorgen der Wilhelmstädter

Für die mitfühlenden Worte von Klaus Wowereit bedankte sich die unter einer Fußentzündung leidende Rentnerin mit einem Kompliment: „Jetzt geht’s mir wieder gut, nachdem ich Sie gesehen habe“, lobte die Spandauerin den Regierenden Bürgermeister nach einem Gespräch, das sich eher zufällig vor einem Orthopädieladen in der Pichelsdorfer Straße ergeben hatte. Der Abstecher Wowereits nach Spandau war allerdings kein Zufall: In der Reihe seiner Bezirksbesuche war Berlins Nordwesten am Mittwoch die neunte Station.

Im Ortsteil Wilhelmstadt, der als Problemkiez gilt und Sanierungsgebiet werden soll, ging es um Soziales. Im „pipapo Beratungsladen“, dessen Angebote von Kochkursen für Kinder bis zur sozialpädagogischen Familienbetreuung reichen, beklagten Mitarbeiter starke Kürzungen im Sozialbereich. Wowereit solle sich dafür einsetzen, die „Chancengleichheit zu verbessern“ und so „zu alten sozialdemokratischen Tugenden zurückkehren“, sagte Gunter Fleischmann, Geschäftsführer des stadtweit tätigen Trägers „Jugendwohnen im Kiez – Jugendhilfe gGmbH“.

Beim Projekt „Zuverdienst Spandau“ besuchte Wowereit psychisch kranke und suchtkranke Spandauer, die einfache Arbeiten verrichten – darunter Waschen, Bügeln, Catering und die Bearbeitung von Gummiwaren für die Industrie. Ihr gehe es weniger um die Aufwandsentschädigung von 1,30 Euro pro Stunde als um eine „sinnvolle Tätigkeit“, betonte eine Frau in der Werkstatt.

Bürgermeister Konrad Birkholz (CDU) begleitete Wowereit. Er kritisierte die Postbank, die ihre Filiale in der Adamstraße schließen will, und die BVG, weil diese die Buslinie durch die Pichelsdorfer Straße gestrichen hat. Als Folge seien Fachgeschäfte weggezogen. Dafür gebe es immer mehr Automatencasinos und Wettbüros, bedauerte Baustadtrat Carsten-Michael Röding (CDU). Erfreulicheres erzählte Beate Bänfer, die seit 2007 das Schokoladengeschäft „Schoko-Engel“ betreibt: Als Fachhändlerin wolle sie „die Qualität des Kiezes verbessern“.

Wowereit besuchte auch die Altstadt Spandau mit dem Karstadt-Kaufhaus und die Zitadelle. Zuvor hatte er das Siemens-Messgerätewerk besichtigt, wo 870 Mitarbeiter vor allem Schutz- und Leittechnik für Kraftwerke herstellen. 75 Prozent der Bauteile werden exportiert und der Umsatz wächst. Siemens trage wesentlich zur Bedeutung Spandaus als Industriestandort bei, sagte Wowereit und lobte Pläne des Konzerns, 100 Millionen Euro ins Schaltwerk in Siemensstadt zu investieren. Nur die Ausbildungsquote von knapp sechs Prozent schien ihm zu niedrig.CD

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