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Berlin: Im großen Bogen um den Osten

Sie hatte die DDR verlassen und gab im Westen die sächselnde Ostlerin. Heute sagt Manon Straché: Die Rolle in der „Lindenstraße“ hat „mich schwer angekotzt“. Jetzt spielt sie in Berlin Theater

Von Heidemarie Mazuhn

Der Lift fährt nur bis zur 4. Etage, der Rest ist Treppensteigen. Das lohnt sich – von dem Dachgeschoss in der Sybelstraße bietet sich ein weiter Blick über die Stadt. Seit Mai genießt ihn Manon Straché - aus Hamburg ist die Schauspielerin nach Berlin gezogen. Wer sie unter ihren vielen Fernsehrollen noch als Elfie in der TV-Serie „Girl Friends“ in fülliger Erinnerung hat, erkennt sie nicht wieder. Von der Konfektionsgröße 46 ist die 42-Jährige auf die 36 abgerutscht – mit viel Disziplin, noch mehr Gemüse und kaum noch Wein hat sie sich von 22 Kilo getrennt. Nur die tellergroßen Augen unter den gerade brünetten statt auch schon mal hochblonden Haaren erinnern an die „alte“ Straché. Der Accent aigu ist übrigens kein Künstlerfimmel, sondern echt. „Da muss mal irgendwas mit Hugenotten gewesen sein“, mutmaßt das gerade mal einen Meter sechzig große Persönchen über das Betonungszeichen in ihrem Familienn, „Genaues weiß ich nicht.“ Dafür weiß sie genau, was sie will – demnächst das Berliner Publikum erobern. Mit „Liebe, List und Leidenschaft“, so heißt das Stück frei nach Carlo Goldoni, das am 12. September am Kurfürstendamm Premiere hat.

Am 12. November 1989 wusste die Schauspielerin auch genau, was sie wollte – endlich in den Westen. Ohne alles, nur einen Karton Kinderfotos hat sie mitgenommen – „ich habe meine Schecke gepackt und bin weg“, erinnert sich Manon Straché auf der Terrasse ihres 110 Quadratmeter großen Charlottenburger Domizils an ihren Abschied aus der in den letzten Zügen liegenden DDR.

In der hatte es die in Magdeburg geborene und „bei der Oma in Leipzig“ aufgewachsene Tochter einer Tänzerin zwar nicht gegen den strikten Willen der Mutter ins Ballett geschafft, auch das mit der Opernsängerin zerschlug sich – „ich war in der Musikschule zu faul und rasselte durch die Klavierprüfung“. Auf die von klein auf ersehnten Brettern gelangt sie aber trotzdem –als Schauspielerin, wenn auch auf Umwegen.

Nach dem Abitur lernt Manon Straché zunächst Reisekauffrau. „Die Arbeit in dem Reisebüro muss man sich so vorstellen, wie in der Wüste einen Wasserladen“, macht die lebhafte Frau den Mangel bildlich. Mit 20 Jahren hat sie den Kundenärger über unbefriedigte Reisewünsche hinter sich und nach sieben vergeblichen Anläufen endlich ein Studium an der Leipziger Theaterhochschule „Hans Otto“ vor sich. Ihre erste Ehe auch. Die erweist sich dann nicht so erfolgreich wie spätere Engagements unter anderen im Leipziger Schauspielhaus und im Kabarett „academixer“, die ihr 1987 den „Kritikerpreis des Bezirks Leipzig“ einbrachten. Zwei Jahre später haut sie nach dem Westen ab, und elf Jahre später erhält sie den „Tele-Star“ als beste Schauspielerin in einer Serie.

Ihr neues Leben startet die damals 29-Jährige 1989 in Heidelberg, wo ihr Leipziger Kollege und Lebensgefährte Peer Jäger – das Paar heiratet 1993 nach sieben Jahren ohne Trauschein – schon im Engagement ist. „Von der Arbeitslosenkohle“ klappert sie quer Westdeutschland alle Castingbüros ab – und ist zufällig da, als man in München jemand sucht, der Sächsisch kann. Von 1990 bis 1994 verkörpert die Straché als Blumenverkäuferin Claudia in der „Lindenstraße“ das, was sich deren geistige Väter so unter dem Osten vorstellen. „Schwer angekotzt“ hat sie damals die Oberflächlichkeit der Rolle.

Es gibt Gott sei Dank viele andere. Fast pausenlos steht sie vor Fernsehkameras – zwischen 1998 und 2000 leitet sie in einer eigenen Serie das „Hotel Elfie“, und bei zwei „Traumschiff“–Einsätzen lernt sie die weite Welt kennen. 1995 zieht das Künstlerpaar von Heidelberg nach Hamburg – von der Stadt hat sie schon als Kind geschwärmt. „Das war der Inbegriff des Westens für mich“, sagt sie. Straché und Jäger steht noch immer an der Tür ihrer Wohnung an der Außenalster – Berlin ist erst mal nur Zweitwohnsitz. Die Wochenenden gehören noch Hamburg und ihrem Mann, der dort für eine neue Serie dreht. Heimisch fühlt sie sich aber schon in Berlin, obwohl sie bis kurzem jeden Gedanken daran abgelehnt hat, und um den Osten lange einen großen Bogen machte. Die dort immer noch anzutreffende Larmoyanz nervt sie, auch die vielen „Widerstandskämpfer“, die nach der Wende plötzlich auftauchten.

Manon Straché kann dafür inzwischen untertauchen – bis zu 30 Meter tief. Gelernt hat sie das „einfach so“ mal auf den Malediven und ist sehr stolz darauf. Auch sonst kann sie nicht meckern. Sie ist gut im Geschäft. Demnächst in einem „Fall für Zwei“ – mit dem Drehbuch posiert sie gerade für den Fotografen auf dem Zebrateppich vor ihrer Kamin-Attrappe – „über die hat mein Kollege Jaecki Schwarz schon gelästert.“ Sie steht jedoch zu ihrem Geschmack. Auch der schwarze Mops „Missy“ im Bad ist nicht echt, sondern lebloser Ersatz für den berufsbedingt unerfüllbaren Wunsch nach einem Hund. Den Traum von einer kleinen Hütte bei Berlin will sie sich aber erfüllen – Hamburg hat da immer weniger Chancen.

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