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Berlin: Im Inneren warm

Tausende Yoga-Fans haben sich am und im Olympiastadion getroffen

Bequem ist was anderes: Ein blonder Mann mit kräftigen Oberschenkelmuskeln liegt auf dem Rücken, reckt die Beine in die Luft. Seine nackten Füße stemmen sich in den Rücken einer Frau, die waagerecht in der Luft „schwebt“. Es sieht aus, als liege sie auf einem unsichtbaren Brett. „Ich wusste gar nicht, dass das auch Yoga ist“, staunt Kanchana Saipigari und macht ein Foto. Um sie herum drängen sich Menschen im Pfeilerumgang des Olympiastadions – hier gibt es ein bisschen Schutz vor dem Regen.

Am Sonnabendmittag läuft sich rund um das Olympiastadion das World Culture Festival warm – allerdings unter erschwerten Bedingungen. 45 000 Besucher erwarteten die Veranstalter. Ganz schön schwierig, in der Nässe zwei Tage lang, „die Vielfalt zu feiern und das Leben zu bereichern“. Darum geht es laut Motto. Und um den interkulturellen Dialog. Der hat an diesem Tag auf jeden Fall ein Thema: „Ganz schön kalt hier“, hört man in allen möglichen Sprachen im Pfeilergang. Am Sonntag, dem zweiten Tag des Festivals soll es zwar weiter regnen, aber immerhin etwas wärmer werden – ein Hoffnungsschimmer für die vielen Besucher aus wärmeren Ländern. „Ist dir im Inneren warm? Bist du glücklich“, fragt die Moderatorin in einem der vier großen Zelte, in denen es ein Bühnenprogramm gibt, zwischen den Auftritten immer wieder. Drinnen im feuchten Gedränge ist es tatsächlich warm. Draußen haben sich viele in Wolldecken und Regencapes gehüllt.

Vor allem viele Inder sind zu sehen – wie die Architektin Kanchana Saipigari, die aber aus Amerika angereist ist. Unter ihrem Regencape trägt sie ein rot-goldenes langes indisches Hemd mit passender Hose. Auf ihrer Stirn klebt ein rot-goldenes Bindi, der traditionelle Schmuck der Inderinnen. Kanchana Saipigari ist Mitglied bei „The Art of Living“, einer internationalen Guru-Bewegung und Nichtregierungsorganisation mit Ursprung in Indien. Die Mitglieder beschäftigen sich mit Meditation, Yoga und gemeinnütziger Arbeit. Oder auch mit „Peace of mind and Happiness“, wie Kanchana Saipigari sagt. Mit Seelenfrieden und Glück. Und sie haben das Festival organisiert, als Fest zum 30. Geburtstag der Bewegung. „Da mussten wir doch kommen“, sagt Gowra Shrinvas aus Hyderabad in Indien. Er und seine Frau im grasgrünen Sari ducken sich unter ihre neuen Regenschirme mit Berlin-Logo – an der Absperrung zu dem Topf, in dem ein indisches Curry für die Besucher köchelt: Er ist so groß, dass man darin auch einen Elefanten zubereiten könnte. Darunter glüht ein Kohlefeuer.

Zwischen den normalen Besuchern sind immer wieder indische Yogameister in weiß-goldenen Gewändern zu sehen. Der Hauptguru der Bewegung zeigt sich zunächst allerdings nicht: Ravi Shankar sollte erst am Abend bei einer großen Gala zu seinen Anhängern sprechen. Sie sei gekommen, weil der Guru es gewünscht habe, sagt Kanchana Saipigari. Und um sich mit Leuten aus der ganzen Welt auszutauschen. Menschen aus Saudi-Arabien, China, Argentinien und Russland habe sie schon kennengelernt. Der Regen sei deshalb nicht so schlimm.

Auch Festivalorganisator Christoph Glaser zeigt keinen Unmut wegen des Wetters: „Wer weiß, wozu der Regen gut ist.“ Daniela Martens

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