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Berlin: Im Kulturamt lief es wie geschmiert - Mitarbeiter kassierte Künstler ab

Ein Mitarbeiter des Kulturamtes hat offenbar über mehrere Jahre in die eigene Tasche gewirtschaftet. Das teilte gestern Kulturstadtrat Dirk Retzlaff (PDS) mit.

Ein Mitarbeiter des Kulturamtes hat offenbar über mehrere Jahre in die eigene Tasche gewirtschaftet. Das teilte gestern Kulturstadtrat Dirk Retzlaff (PDS) mit. "Die Staatsanwaltschaft ermittelt und konnte dem Verdächtigen bereits elf Fälle nachweisen." So habe der Mitarbeiter, der für die Organisation sämtlicher Kulturveranstaltungen des Bezirksamtes zuständig war, Gelder bei der Vergabe von Aufträgen kassiert. "Nach dem Motto, wenn du nicht zahlst, wirst du in Köpenick nicht mehr auftreten, setzte er die Künstler unter Druck und forderte Teile des vereinbarten Honorars zurück", sagte Retzlaff. Auf diese Weise sollen pro Auftritt zwischen 100 und 500 Mark an den Angestellten geflossen sein, der seit Anfang des Monats vom Dienst suspendiert ist und einer fristlosen Entlassung entgegen sieht.

Außerdem hat sich der Mitarbeiter während seiner eigentlichen Arbeitszeit von einer Agentur mehrere Jahre lang als Weihnachtsmann-Darsteller buchen lassen. Zudem soll er Technik, die der Bezirk an Musikgruppen oder Jugendeinrichtungen verleiht, in Eigenregie und gegen Bares vermietet haben. "Die Schwarzarbeit als Weihnachtsmann, bei der er allein 1997 32 000 Mark verdiente, gab der Mitarbeiter inzwischen zu", sagt der Stadtrat. Doch die anderen Vorwürfe streite er ab.

Retzlaff selbst ist bereits vor vier Jahren auf Ungereimtheiten im Kulturbereich gestoßen. Ihm fiel auf, dass Veranstaltungen wie der Köpenicker Sommer, das Herbstfest oder der Neujahrsempfang immer von denselben Künstlern bestritten wurden, die aber jedes Mal eine andere Tätigkeit übernahmen: Sie fungierten erst als Schauspieler, dann plötzlich als Regisseur oder Drehbuchautor. Zudem wunderte er sich "über die sehr hoch dotierten Honorarverträge". Als dann von einem Jahr zum anderen beispielsweise die Kosten des Weihnachtskindervarietés von 65 000 Mark auf 45 000 Mark sanken, fügte sich das Puzzle für Retzlaff langsam zusammen. Er vermutet jetzt, dass der Mitarbeiter so seinen Vorgesetzten beruhigen wollte.

Aber warum wartete Retzlaff bis zum vergangenen November mit mit der Anzeige? "Ich wollte nachweisbare Fakten sammeln", sagte der PDS-Stadtrat. So seien inzwischen Künstler bereit, zu Fällen aus der Zeit von 1995 bis 1999 auszusagen. In den kommenden Wochen werden nun alle Künstler überprüft, die vom Bezirksamt engagiert worden waren. Retzlaff macht den Betroffenen jedoch keinen Vorwurf, denn der korrupte Mitarbeiter habe schließlich eine "Zwangslage schamlos ausgenutzt".

Retzlaff lässt jetzt untersuchen, inwieweit die Struktur im Kulturamt den Vorfall begünstigt habe. Ab sofort müssen ihm alle Verträge vorgelegt werden, was bislang nur bei besonders großen Projekten üblich war. Wie hoch der für den Bezirk Köpenick entstandene Schaden ist, vermag jetzt noch niemand zu sagen. Retzlaff erfuhr derweil von einigen Künstlern, das "dieses Schmieren im Berliner Kulturbereich durchaus üblich sei".

Dass es in der Stadt allerdings ähnliche Fälle von Korruption im Kulturbereich eines Bezirksamtes gegegeben habe, konnte die Sprecherin der Senatsverwaltung für Justiz, Michaela Blume, gestern weder bestätigen noch ausschließen. Nur soviel: Die Ermittlungen zum Köpenicker Vorfall laufen.

bey

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