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Berlin: Im Notfall Streik

Heute entscheidet sich, ob ab der kommenden Woche auch die 2200 Ärzte der Charité ihre Arbeit niederlegen

Ab Montag werden in der Charité nur noch Notfälle versorgt, wenn sich mindestens zwei Drittel der 2200 Ärzte des größten Universitätsklinikums Europas bei der Urabstimmung am Donnerstag zur Arbeitsniederlegung entscheiden sollten. Damit eskaliert der Streit zwischen den Arbeitgebern und Arbeitnehmern der Klinik.

Vorausgegangen waren Verhandlungen des Marburger Bundes mit dem Vorstand der Charité über einen Hausvertrag, die am 10. April von der Ärztegewerkschaft für gescheitert erklärt wurden. „Wir haben dem Charité-Vorstand ein Angebot gemacht, wonach wir uns übergangsweise mit Gehältern zufrieden gegeben hätten, die weit unter dem liegen, was die Ärzte in anderen Bundesländern derzeit bekommen – und selbst dort geht der Arbeitskampf weiter“, sagte Assistenzarzt Oliver Peters von der Ärzteinitiative der Charité – eine Organisation junger Mediziner – am Mittwoch. „Da dieses Angebot abgelehnt wurde, rechne ich fest damit, dass sich die Ärzteschaft bei der Urabstimmung deutlich für einen Streik entscheiden wird“, sagte Peters.

Der Charité-Vorstand hält das unterbreitete Angebot nach wie vor für gut, sagte eine Sprecherin. Die Charité hätte demnach sieben Prozent ihres Gesamtetats für die Gehälter der Ärzte ausgegeben. Für klinisch tätige Ärzte hätte dies eine Gehaltssteigerung von bis zu 15 Prozent und für nicht klinisch tätige Ärzte bis zu acht Prozent bedeutet, hieß es seitens der Charité. Es seien außerdem attraktive Arbeitszeitregelungen angeboten worden, über die auch Einigkeit bestand.

Schwere Vorwürfe gegen die Verhandlungstaktik des Charité-Vorstandes hat der Vorsitzende des Marburger Bundes in Berlin/Brandenburg, Matthias Albrecht, geäußert. „Der Vorstand hat die Verhandlungen schwierig und unangenehm gemacht, weil auf mündliche Zusagen zu keinem Zeitpunkt Verlass war.“ Dazu äußerte sich der Klinik-Vorstand am Mittwoch nicht.

Der bundesweite Arbeitskampf der Ärzte dauert nunmehr fünf Wochen an. Zunehmend kämen auch Patienten zu Schaden, beklagte die Deutsche Krankenhausgesellschaft. Die Berliner Bürger sollen sich aber auch während eines möglichen Streiks auf die Notfallversorgung verlassen können: „Wir wollen nicht auf dem Rücken unserer Patienten streiken“, sagte Oliver Peters von der Ärzteinitiative am Tag vor der Urabstimmung. „Wie auch schon im letzten Jahr, wird die Notfallversorgung der Menschen gewährleistet sein. Wir werden keinen Patienten abweisen, der dringend eine Behandlung braucht“, sagte der junge Arzt. Auch vom Streik im öffentlichen Dienst, der bereits seit zehn Wochen andauert, sind die Krankenhäuser betroffen. Denn neben den Ärzten streiken auch Pfleger, Krankenschwestern, Küchenpersonal und Laboranten.

Dagny Lüdemann

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