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IM RÜCKBLICK: DDR-Justiz zwischen Rechtspflege und Rechtsbeugung

DIE AUSGANGSLAGE Eine Gewaltenteilung nach dem Vorbild Frankreichs und der USA hat es in der DDR nicht gegeben. Die SED regierte in den Justizapparat hinein und ließ nur stramme Genossen für das Richteramt zu.

DIE AUSGANGSLAGE

Eine Gewaltenteilung nach dem Vorbild Frankreichs und der USA hat es in der DDR nicht gegeben. Die SED regierte in den Justizapparat hinein und ließ nur stramme Genossen für das Richteramt zu. Wer sich konträr zum Ideal der sozialistischen Gesellschaft verhielt, machte sich strafbar. Dazu gab es passende Paragrafen im Strafgesetzbuch der DDR, die sich auch gegen Oppositionelle anwenden ließen, etwa Paragraf 215 gegen „Rowdytum“ oder Paragraf 106 gegen „staatsfeindliche Hetze“. Paragraf 249 beschrieb die „Gefährdung der öffentlichen Ordnung durch asoziales Verhalten“, ein Gummiparagraf, um „arbeitsscheue“ Jugendliche und junge Männer zu disziplinieren.

SOZIALE KONTROLLE

Das Wiedereingliederungsgesetz der DDR sah keine eigenständige Bewährungshilfe durch die Justiz vor. Wer auf Bewährung entlassen wurde, bekam die Auflage, sich regelmäßig bei der Volkspolizei zu melden. Auch wer noch keine Strafe verbüßt hatte, konnte als „kriminell gefährdeter Bürger“ Auflagen erhalten, etwa den Betrieb nicht zu wechseln oder eine Berufsausbildung abzuschließen. Kriminell gefährdet waren Alkoholiker und „Bürger, die ernsthafte Anzeichen von arbeitsscheuem Verhalten erkennen lassen, obwohl sie arbeitsfähig sind.“ In der Regel übernahm dann ein Betrieb die soziale Kontrolle. Wer eine Zeit lang ins Gefängnis musste, behielt in der Regel seinen Arbeitsplatz und kehrte anschließend in seinen alten Betrieb zurück. Das „Kollektiv der Werktätigen“ hatte sich dann um die erzieherische Beeinflussung zu kümmern.

KONFLIKTKOMMISSIONEN

Um kleinere Delikte (Prügeleien, Ladendiebstähle, Beleidigungen) zu ahnden, gab es unterhalb der Gerichtsbarkeit Konflikt- und Schiedskommissionen. In diese Kommissionen wurden Bürger gewählt, die Vorbildfunktion hatten. Sie verurteilten die Täter nach einer öffentlichen Anhörung zu kleinen Geldstrafen oder erteilten einen Tadel. Meistens akzeptierten die Beschuldigten die Sanktion, weil die Sache damit ohne Vorstrafe erledigt war. So mancher würde sich eine ähnliche Einrichtung auch im wiedervereinigten Deutschland wünschen.

SONDERBRIGADEN

Alkoholiker und Verhaltensauffällige wurden Ende der 80er Jahre in Sonderbrigaden zusammengefasst, die einfachen Tätigkeiten nachgingen. loy

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