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Berlin: Im Spielzeugparadies

Eine neue Ausstellung im Märkischen Museum zeigt Historisches aus der Kinderstube.

Von Ronja Ringelstein

Ein Stückchen Kreide und ein Stein reichen als Ausrüstung für einen verspielten Nachmittag im Hinterhof aus. Egal bei welchem Wetter, gespielt wurde „Himmel und Hölle“ schon immer draußen. Schon die Jungen und Mädchen der Wilhelminischen Zeit trafen sich mit ihren Nachbarskindern, zeichneten Quadrate auf die Erde, versahen sie mit Zahlen – und hüpften dann drauflos.

„Himmel und Hölle“ kennt fast jeder aus seiner Jugend, doch viele Spielsachen gerieten inzwischen in Vergessenheit. Das Märkische Museum zeigt ab Sonntag die Familienausstellung „Kaiser, König, Bettelmann. Spielen in Alt-Berlin 1871-1933“. Hier gibt es vieles, was schon bei den Urgroßeltern im Kinderzimmer zu finden war.

Das Stadtmuseum verfügt insgesamt über rund 40 000 Spielzeuge. Im Märkischen Museum werden in den sechs Themenräumen ungefähr 250 ausgewählte Stücke davon gezeigt.

Magisch ist der Raum, in dem mit dem Licht gespielt wird. Die schon im 17. Jahrhundert entwickelte „Laterna Magica“ wirft Bildprojektionen an die Wand. „Zuerst war sie als Spielzeug der wohlhabenden Erwachsenen in den Salons zu finden – erst später in den Kinderzimmern“, erzählt Sebastian Ruff, einer der Kuratoren der Sonderausstellung. Die Zauberlaterne ist Vorfahrin des heutigen Beamers. Davon steht ein Exemplar hinter einer Leinwand, auf der die Kinder selbst Schattenspiele üben können.

Berlin war vor 1933 ein Zentrum des Spielzeughandels, in der Ausstellung hängt ein Stadtplan von 1931, auf dem die vielen Geschäfte verzeichnet sind. Doch musste eine gut verdienende Arbeiterfamilie zu dieser Zeit mit dem Lohn des Vaters – 46 Mark wöchentlich – auskommen. „Viele Kinder drückten sich vergebens die Nasen an den Schaufenstern platt“, erzählt Ruff. Es sei häufig kein Geld für Spielzeug übrig gewesen.

Mininähmaschinen, mit denen Mädchen ihre Puppenkleider selbst schneiderten, oder der „Stabil“-Baukasten, mit dem Jungen zu Ingenieuren herangezogen werden sollten, sind zu finden. Museumspädagogin Constanze Schröder macht auf den Erziehungsaspekt der damaligen Spielzeuge aufmerksam: „Das Spielzeug sollte auf das Erwachsenenleben vorbereiten.“ Kinder seien damals schon früh in ihre gesellschaftlichen Rollen eingeführt worden.

Die Ausstellung solle sich von den Kindern, so Schröder, „spielend erarbeitet“ werden. Mit Erstlesetexten an den Stücken, können sie so selbst entdecken, womit die Großeltern ihrer Eltern schon gespielt hätten. An ausgewählten Sonntagen dürfen Schul- und Kitagruppen dann auch selbst mit dem historischen Spaßwerk spielen. Ronja Spiesser

Die Ausstellung „Kaiser, König, Bettelmann. Spielen in Alt-Berlin 1871-1933“ wird am Sonntag, 14 Uhr, eröffnet. Öffnungszeiten sind Di-So 10-18 Uhr. Eintritt 5 Euro, erm. 3 Euro, bis 18 Jahre frei. Im Märkischen Museum; Am Köllnischen Park 5, Mitte. Spielesonntage: 9. und 16. Dezember – weitere Termine im Januar.

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