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Berlin: Im Süden geht es flugs voran

Während ein Großflughafen Schönefeld nur auf dem Papier existiert, werden in Leipzig und München schon neue Flughafenterminals eröffnet

Von Rainer W. During

und Klaus Kurpjuweit

Die Flughafenplaner in Berlin und Brandenburg blicken an diesem Wochenende neidisch nach Bayern und Sachsen. In München wird heute ein neues Terminal in Betrieb genommen, dass die bayerische Landeshauptstadt endgültig zum zweiten deutschen Drehkreuz nach Frankfurt/Main macht. Und in Leipzig-Halle wird am Montag das neue Abfertigungsgebäude mit integriertem Fernbahnhof eröffnet, wie es für den künftigen Flughafen Berlin-Brandenburg International (BBI) noch immer nur auf dem Papier existiert. Prompt haben die Sachsen ihr Kooperationsangebot an die Preußen erneuert.

In München musste sich Berlin geradezu die Leviten lesen lassen – nicht ohne Schadenfreude. Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) bezeichnete das Hickhack um Schönefeld als trauriges Beispiel dafür, wie mit Großprojekten in Deutschland umgegangen werden könne. Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe (SPD), der in seinem früheren Amt als Brandenburger Ministerpräsident für das Schönefelder Desaster mitverantwortlich war, musste den Bayern anschließend für den „schönsten Flughafen Europas“ gratulieren, der wichtig für Europa sei. Und für die wirtschaftliche Entwicklung: 21 000 direkte Arbeitsplätze gibt es heute im Erdinger Moos.

Dabei verschwieg Stoiber allerdings, dass auch München rund 25 Jahre benötigte, ehe der neue Flughafen eröffnet werden konnte. Und auch er wäre juristisch fast gekippt worden. Auch der Bau des neuen Terminals hat seine Zeit gebraucht. Der Beschluss war 1996 gefallen, Baubeginn war dann im April 2000.

An den Baukosten in Höhe von 1,3 Milliarden Euro beteiligte sich die Lufthansa mit 40 Prozent. Sie nutzt das neue Gebäude zusammen mit ihren Partnern alleine. Wäre Berlin schneller gewesen, hätte sie sich womöglich hier so engagiert. Ihr früherer Vorstandschef Heinz Ruhnau war ein leidenschaftlicher Verfechter eines Großflughafens bei Sperenberg. Heute ist Ruhnau Aufsichtsratsvorsitzender der Flughäfen in Leipzig und Dresden.

Leipzig verfolgte einen anderen Kurs als Berlin. Bewusst habe man auf den Versuch einer Privatisierung verzichtet, erklärt Volkmar Stein, Vorstand der Mitteldeutschen Flughafen AG. „Wir müssen die Braut erst schmücken.“ Alle Beteiligten zogen an einem Strang, nicht einen Prozess hat es um den Flughafen-Ausbau gegeben – von dem allerdings auch weniger Anwohner als in Schönefeld betroffen sind. Für eine Milliarde Euro hat die öffentliche Hand den Flughafen, den im vergangenen Jahr nur 1,9 Millionen Reisende nutzten, für 4,5 Millionen Passagieren ausgebaut. Während in Berlin der Flughafen fehlt, mangelt es den Sachsen an Benutzern und an Verbindungen. Was Kritiker als überdimensioniert bezeichnen, nennt Flughafen-Vorstand Stein eine volkswirtschaftliche Vorlage für die Entwicklung der Region. „Ohne den Airport hätten sich BMW und Porsche hier nicht angesiedelt, hätten wir uns bei der Olympiabewerbung überhaupt nicht anzustellen brauchen.“

In Berlin indessen soll nach dem Scheitern der Flughafen-Privatisierung der nunmehr bis 2009/10 geplante Schönefeld-Ausbau eventuell nur noch in abgespeckter Form erfolgen. „Wir bauen keinen weißen Elefanten“, sagt BBI-Projektsprecher Burkhard Kieker. Der Airport werde für eine Nachfrage von zunächst 17 Millionen Passagieren im Jahr geplant und könne bei Bedarf leicht erweitert werden. Ein stufenweiser Ausbau war von Anfang an vorgesehen.

Der Leipziger Stein sieht die Zeit für gekommen, über eine Zusammenarbeit der beiden Standorte zu diskutieren. Der Flughafen Schönefeld könne einfacher und billiger gebaut werden, wenn für einen Teil des Verkehrs bereits vorhandene Strukturen in Leipzig-Halle genutzt werden. Das kann sich Stein insbesondere bei Langstreckenflügen vorstellen., Gemeinsam könnte man die Jets füllen.

Andere Experten verweisen dagegen darauf, dies sei nur von einem Flughafen mit Umsteigerverkehr aus möglich. Und den werde es beim BBI geben. Dessen Sprecher Burkhard Kieker sieht daher keine Vorteile einer Kooperation. Er kann sich nicht vorstellen, dass die Berliner nach Leipzig fahren, wenn ihnen bis heute schon Schönefeld „zu weit draußen“ liege. Auch habe Berlin schon jetzt das deutlich bessere Flugangebot, was aufgrund des größeren Einzugsgebietes auch so bleiben werde.

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