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Berlin: Im Theater blieb jeder zweite Sitz frei

Wie Handel und Kultur unter dem Streik litten

Kein S-Bahn-Anschluss, kaum Kunden: Viele Kultureinrichtungen, Ausflugsziele und Läden mussten während des BVG- Streiks starke Besucherrückgänge hinnehmen. Bei Karstadt am Hermannplatz blieben 30 Prozent der Kunden weg – sie kämen gewöhnlich mit der U-Bahn, sagte Geschäftsführer Horst Bergmann. Bei der Belegschaft war die Stimmung am Sonnabend gedrückt: „Unabhängig davon, wie man zu Streiks steht: Bei uns hängen Umsatz und Arbeitsplätze direkt miteinander zusammen“, sagte Bergmann.

Zu den Verlierern gehörten auch rund 400 Geschäfte in U-Bahnhöfen, deren Kunden ausgesperrt waren. Schlecht besucht waren am Freitag die Vorstellungen des „Hans Wurst“-Theaters am Winterfeldtplatz: In die Vormittags- und Abendvorstellungen kamen 50 Prozent weniger Besucher. „Vor allem Kita-Gruppen haben keine Alternative zur BVG“, sagte Dramaturg Bernd Schlarmann.

Selbst dort, wo Ersatzbusse bereitstanden, kamen deutlich weniger Besucher. Frank Keck vom Wirtshaus zur Pfaueninsel in Wannsee schätzte gestern, dass ihm allein am Freitag 40 Prozent der Gäste fehlten. „Die Leute wissen ja nicht, wo überhaupt noch ein Bus fährt.“ Nicht eingebrochen seien die Besucherzahlen hingegen im Jüdischen Museum, sagte Sprecherin Eva Söderman. „Viele Besucher sind zu uns gelaufen.“ Keine spürbaren Auswirkungen hatte der Streik offenbar auch auf den Tierpark Friedrichsfelde, den Britzer Garten und den Erholungspark Marzahn.

Zu den Verlierern gehörte die Fußgängerzone Wilmersdorfer Straße in Charlottenburg. Weder U-Bahnen der Linien 7 und 2 noch die Busse in der angrenzenden Kant- und Bismarckstraße fuhren. „Und der S-Bahnhof Charlottenburg liegt ja etwas weiter weg“, sagte Karstadt-Geschäftsführer Fred Lehmann. Im Vergleich zum ersten Februar-Wochenende 2007 sei der Umsatz während des Streiks um bis zu 20 Prozent gesunken.

Vor dem KaDeWe am Wittenbergplatz hielten am Sonnabend bis zum Streikende fast pausenlos Taxen, aus denen vor allem ältere Kunden des Warenhauses stiegen. Ansonsten herrschte auf der Tauentzienstraße die gewohnte Wochenendatmosphäre, Touristen und Berliner drängten sich auf dem Boulevard. Von einem Kundenrückgang sei nichts zu spüren, sagte der Verkäufer am Tabakstand im Erdgeschoss des KaDeWe: „Schauen Sie sich doch um, das Haus ist brechend voll!“ Und das, obwohl der U-Bahnhof Wittenbergplatz geschlossen war und keine Busse auf der Tauentzienstraße und dem Kurfürstendamm fuhren.

Viele Passanten und Kauflustige dürften mit dem Auto, per Fahrrad oder über den S-Bahnhof Zoo in die City-West gelangt sein. Die Verkäuferin im Berlin-Souvenir-Shop im Neuen Kranzler-Eck sah keine Einbußen und nannte dafür einen weiteren Grund: „Viele Touristen wohnen ja in Hotels in Ku’damm-Nähe.“

Die City-Ost mit der Friedrichstraße und dem Alexanderplatz profitierte anscheinend von ihrer guten S-Bahn-Anbindung. Aus der Geschäftsführung des Kaufhauses Galeries Lafayette in der Friedrichstraße hieß es sogar, der Umsatz sei besser als am vorigen Wochenende. An einen Zusammenhang mit dem Streik glaubte man jedoch nicht; es seien wohl einfach mehr Touristen in der Stadt. Im Kulturkaufhaus Dussmann, das direkt neben dem S-Bahnhof Friedrichstraße liegt, sprach eine Verkäuferin von einem „eher ruhigen“ Vormittag. Danach sei es aber voller im Haus geworden.

Am Alexanderplatz kamen Autos nur langsam voran. Wegen mehrerer Baustellen sind die Straßen dort zum Teil gesperrt oder eingeengt, und durch den Streik nahm der Autoverkehr dort noch zu. Zum Nadelöhr wurde auch die Parkhauseinfahrt des Alexa-Centers, Dutzende Autos standen davor in der Schlange. Centermanager Oliver Hanna war vom Andrang „positiv überrascht“. Im Kaufhof am Alex beklagte Geschäftsführer Reinhard Schöwe dagegen Umsatzrückgänge von 10 bis 15 Prozent.

Laut Handelsverband haben Center und Einkaufsstraßen, die besonders von BVG-Verbindungen abhängig sind, am Freitag etwa 20 weniger Umsatz gemacht. Zehn Prozent weniger nahmen Läden in S-Bahnnähe ein. Am Sonnabend arrangierten sich die Kunden anscheinend besser mit der Lage, stellte Referent Klaus Fischer fest: „Es gibt eine Verbesserung.“ Cay Dobberke / Rita Nikolow

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