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Volker Ratzmann tritt den Rückzug an.

© dapd

Im Wortlaut: Ratzmanns Rücktrittserklärung

Wir dokumentieren an dieser Stelle die Rücktrittserklärung von Volker Ratzmann, die der Grünen-Politiker am Dienstag auf seiner Homepage veröffentlicht hat.

"Heute Nachmittag habe ich gegenüber meiner Fraktion mein Amt als Fraktionsvorsitzender niedergelegt. Der Schritt ist mit nicht leicht gefallen – ich war jetzt acht Jahre Vorsitzender. Die Aufgabe hat mir Spaß gemacht, hat mich ausgefüllt.

Ich habe die letzten Jahre dafür gestanden, dass die Grünen sich öffnen, wegkommen von dem „wir hier unten, ihr da oben“ hin zu einer gestaltenden Rolle für die ganze Stadt, dass wir uns lösen von der SPD, wirklich eigenständig werden. Ich glaube, ich konnte auch dazu beitragen, dass wir uns von den 9,1 Prozent, die wir hatten als ich kam, auf 17,6 Prozent entwickeln konnten.

Wir stecken nach der gefühlten doppelten Niederlage als Fraktion und wohl auch als Partei in einer tiefen Krise, die wir schnell und gründlich lösen müssen. Dazu gehört die Aufarbeitung des Wahlkampfes und der Fehler, die gemacht wurden, aber auch die Frage, wohin gehen die Grünen in Berlin.

Ich gehe jetzt, weil ich den Weg frei machen will für diese notwendige politische Richtungsbestimmung in der Fraktion und im Landesverband. Ich habe das Gefühl, dass diese Debatte zunehmend personalisiert und um Posten geführt wird, dass das Bild, was die Grünen in der Öffentlichkeit abgeben zu tiefst abträglich ist und uns selbst blockiert. Ich habe den Vermittlungsprozess mitinitiiert und bin mittlerweile auch überzeugt, dass wir ein tragfähigeres und integrativeres Ergebnis hinbekommen, wenn meine Position unbesetzt mit in das Verfahren einfließen kann.

Ich habe mich zur Wiederwahl gestellt, weil ich davon überzeugt war, dass auch personelle Kontinuität dazu beiträgt, die Oppositionsführerschaft zu übernehmen. Ich habe mich trotz des gefühlten Misserfolges aus der Wahl dazu entschieden, für den ich mitverantwortlich bin. Da haben wir Fehler gemacht. Die misslungene Regierungsbildung jedoch war Ausdruck des Wahlergebnisses. Wowereit hatte Angst vor einem zweiten Simones Effekt.

Ich übernehme aber vor allem Verantwortung für die Situation, in der die grüne Fraktion jetzt steckt. Ich habe das nicht vorhergesehen, mir in meinem kühnsten Träumen nicht vorstellen können, dass eine Vorstandswahl zu solchen Eruptionen führen kann. Ich bin nach wie vor fassungslos, dass ein großer Teil von Mandatsträgern – Botschaftern grüner Politik – nachdem sie in einer Wahl unterlegen sind, zu solch einem Schritt fähig waren. Ich will hier auch ganz deutlich machen, dass diese vier sich für jedwedes Amt in einer grünen Partei und Fraktion disqualifiziert haben. Ich halte das für zutiefst unpolitisch. Damit haben sie es der rot-schwarzen Koalition leicht gemacht, in der Stadt stimmungsmäßig Fuß zu fassen und haben das Geschäft des Gegners besorgt.

Partei und Fraktion streiten jetzt wieder darum, um der Kurs der Öffnung, für den ich stehe, der richtige ist – und zwar mit veränderten Mehrheiten. Ich will auch weiter dafür streiten, dass die Grünen diesen Kurs nehmen. Ich sehe nicht, dass ich das aus dieser Position des Fraktionsvorsitzenden machen kann, ohne unsere Arbeitsfähigkeit weiter zu belasten.

Wir haben im Wahlkampf auch viel erreicht: neue Netzwerke, neue Ansätze, neue Schichten erschlossen. Das muss bewahrt werden. Darum will ich mich kümmern.

Berlin braucht die ökologische Modernisierung, das wird Rot-Schwarz nicht hinkriegen. Dazu will ich gerne weiter beitragen und dazu muss man nicht Fraktionsvorsitzender sein.

Ich wünsche mir, dass wir jetzt schnell den Vorstand komplettieren können, arbeitsfähig werden und daran arbeiten, die uns zugewiesene Rolle der Opposition endlich einzunehmen."

Quelle: Homepage von Volker Ratzmann

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